Neuromarketing – So denken Ihre Kunden!

Noch vor ein paar Jahren ging man davon aus, im Internet treffe der Kunde seine Kaufentscheidungen sehr rational. Spontankäufe kämen so gut wie gar nicht vor. Erst wird sich umfassend informiert, werden (dank Google) alle nur erreichbaren Testberichte und (dank Amazon) jede Menge Kundenmeinungen ausgewertet, bevor man sich für ein bestimmtes Produkt entscheidet. Und weil man ja an jeder Ecke Preise vergleichen könne, würde am Ende doch immer der Preis entscheiden, wo der Kunde kauft. Im Zweifel eben doch wieder bei Amazon.

Mittlerweile weiß man aber, dass dies wenig bis gar nichts mit gut überlegten, rationalen Entscheidungen zu tun hat. Ja, man geht sogar davon aus, dass der Kunde meist gar nicht merkt, wann er sich für den Kauf eines bestimmten Produktes bei einem bestimmten Händler entscheidet, weil die Entscheidung schon gefallen ist bevor er überhaupt anfängt darüber nachzudenken.

Der Fachbegriff für dieses neue Marketing-Denken ist „Neuro-Marketing“. Dies ist absolut kein neuer Modebegriff, sondern die Umsetzung psychologischer Erkenntnisse über das Handeln und Entscheiden von Menschen auf den Marketing-Sektor. Aufgrund von Experimenten und Studien mit den neuesten medizinischen Geräten ist es heute nämlich möglich dem Menschen beim Entscheiden sozusagen live zuzusehen und diese, vermeintlich doch so freien Entscheidungen sogar gezielt zu beeinflussen. Die Ergebnisse sind oft überraschend und werfen alte Denkmuster gehörig über den Haufen.

Neuro-Marketing greift diese Ergebnisse gezielt auf und entwickelt auf dieser Grundlage völlig neue Marketing-Strategien, die sich eben nicht mehr an den rationalen, alles selbstbewusst steuernden Kunden, sondern an dessen unterbewusste Entscheidungsprozesse und -faktoren richten. Kommen Sie mit auf eine faszinierende Reise in Ihr eigenes Unterbewusstsein, erfahren Sie, welcher Neuro-Marketing Sie selbst sind, wann und wie Sie tatsächlich ihre „bewussten“ Kaufentscheidungen treffen und wie Sie andere dazu bringen können die richtige Kaufentscheidung in Ihrem Sinne zu treffen.

Dieser umfassende Neuro-Marketing-Workshop zeigt Ihnen die Grundlagen dieser unglaublich effizienten Art des Marketings und bietet auch jede Menge Tipps  und Tricks um Ihr eigenes Marketing  auf den neuesten psychologischen Stand zu bringen.[DAP isLoggedIn=“N“ errMsgTemplate=””]

Inhaltsverzeichnis:

Teil 1 – Wie man billige Produkte für teures Geld verkauft

  • Alles reine Nervensache
  • Herzlichen Glückwunsch, Sie haben Zwillinge (gekauft)
  • Alles ist relativ
  • Und doch – Nichts ist sicher
  • Alles ist emotional

Teil 2: Welchen Wert hat Geld?

  • Geld macht Angst
  • Was ist Geld?
  • Was ist Wert?
  • Wette verloren, Erspartes verloren.
  • Kaufen ist Emotion
  • Geld ist Emotion
  • Verkaufen ist Emotion

Teil 3: Ist Ihre Webseite ein Zombie?

Teil 4: Gib mir Sicherheit – Das Balance-System

  • Erwartungen und Realität
  • Die Struktur der Gefühle
  • Das Balance-System
  • Gruppenzwang

Teil 5: Er will doch nur spielen – Das Stimulanz-System

  • Event statt Advent
  • Kein Alltag ohne Erlebnis
  • Früher war alles genau so
  • Wir können gar nicht anders
  • Jagderfolg im Internet-Marketing

Teil 6: Jeder will gewinnen – Das Dominanz-System

  • Im Großen wie im Kleinen
  • Der Kunde will gewinnen
  • Nur alle Teile zusammen ergeben ein Ganzes

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Alles reine Nervensache

Vielleicht ist Ihnen das ja auch schon mal passiert: Sie haben für viel Geld ein Produkt gekauft und der Inhalt hat sich dann als sehr dürftig und dem Preis überhaupt nicht angemessen oder gar völlig wertlos herausgestellt.

Dann sind Sie entweder einem Betrüger aufgesessen oder einem cleveren Marketer. Wo hier die Grenzen liegen, möchte ich einmal dahingestellt sein lassen. Die wichtigere Frage ist: Wie haben Sie reagiert? Enttäuscht, verärgert und wahrscheinlich auch wütend waren Sie, nehme ich einmal an. Aber über wen haben Sie sich am meisten geärgert? Über den Verkäufer oder über sich selbst?

Sind Sie schon einmal auf leere Versprechungen herein gefallen, sind Sie damit nicht allein. Das passiert vielen Menschen jeden Tag. Sehr viel mehr Menschen als Sie vielleicht denken mögen. Und die meisten fragen sich hinterher, genau so wie Sie wahrscheinlich auch:

“Wie konnte ich nur darauf hereinfallen? Was ist vor dem Kauf (mit mir) passiert?”

Hier möchte ich zunächst einmal etwas kryptisch antworten: „Vor dem Kauf ist nach dem Kauf.“ Was damit gemeint ist, werden wir später noch genauer untersuchen. Es gibt noch eine zweite spannende Frage:

Warum passiert das so vielen Leuten und das immer wieder?

Pure Dummheit scheidet hier aus, denn es trifft schlaue Menschen genau so gut wie weniger Schlaue. Intelligenz oder rationales Denken spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle. Wir werden noch sehen warum, denn genau in diesem Phänomen liegt die Antwort auf unsere Frage. Ganz allgemein kann man sagen: Weil nicht Ihr Kopf gekauft hat, sondern ihr Gefühl! Nicht Ihr Verstand, sondern Ihr Bauch. Experten gehen neuerdings davon aus, dass zwischen 70 und 90 Prozent der Kaufentscheidungen durch Emotionen gefällt werden. Ich glaube aber, man kann getrost auch sagen:

Alle Kaufentscheidungen werden rein emotional getroffen. Kaufen ist zu 100 Prozent Gefühl!

Selbst wenn Sie sich absolut sicher sind, dass Sie mit Verstand und “Köpfchen” eingekauft haben, ist das lediglich ein weiterer Beweis für die obige Aussage. Erinnern Sie sich doch einfach einmal an ihren letzten “vernünftigen” Einkauf. Gerade vorhin im Supermarkt oder vielleicht letzte Woche bei einem Onlinehändler. Der Kauf Ihres Autos war doch sicherlich reiflich überlegt, oder? Welches Gefühl hatten Sie bei diesem vermeintlichen völlig rationalem Einkauf? Ein sicheres, nehme ich an. Sie haben sich vor dem Kauf bestimmt gut informiert, verschiedene Angebote verglichen, Vor- und Nachteile jedes Einzelnen abgewogen und lange über eine Entscheidung nachgedacht. Erst als Sie sich wirklich sicher waren, haben Sie zugeschlagen. Und was ist Sicherheit? Genau: Ein Gefühl. Eine im Kaufprozess ungeheuer wichtige Emotion.

Herzlichen Glückwunsch, Sie haben Zwillinge (gekauft)

Zusammen mit seinem Zwilling “Vertrauen” bildet das Gefühl “Sicherheit” eine der emotionalen Grundvoraussetzungen, ohne die so gut wie keine Kaufentscheidung getroffen wird. Beide kommen nicht ohne einander aus. Man kann nicht vertrauen, wenn man sich nicht sicher ist und man kann sich nicht sicher sein, wenn man jemandem (Verkäufer, Hersteller, Marke) oder irgendetwas (Produkt, Werbeversprechen, Garantien) nicht vertraut. Gerade im kalten, anonymen  Internet, wo es von Betrügern nur so wimmeln soll, sind diese Zwillinge wahre Schutzengel.

Besonders clevere Marketer versuchen den Kunden auszutricksen, indem sie die warnenden Rufe der Zweifel-Zwillinge durch ausgefuchste (oftmals aus Amerika abgekupferte) Marketing-Tricks mit Gefühlen wie Gier, Geiz oder auch Persönlichkeitsmanipulationen übertönen und so zum Verstummen bringen wollen.

“Kaufe dieses supertolle Teil und Du wirst ein noch tollerer Typ sein. Versprochen!”,
“Werde auch Du endlich ein Gewinner! Das wolltest Du doch schon immer”,
“Hebe Dich ab von der langweiligen Masse! Werde wie ich!”,
“Du bist selbst schuld, dass Du noch kein Millionär bist!” ,
“Wie lange willst Du noch arm bleiben, Versager?”,
“Ich habe längst das Leben, von dem Du immer noch träumst. Ätschi, Bätschi!”

Wenn dann einer der Zwillinge zaghaft ruft: “Sei vorsichtig, hier stimmt vielleicht etwas nicht!” , verhallt dieser Ruf meist ungehört auf diesem laut tösenden Rummelplatz der großen Träume, Wünsche und Eitelkeiten. Der warnende Rufer wird abgetan als Schwächling und Feigling. Schließlich gehört dem Mutigen die Welt und wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Sind wir also alle naive Dummköpfe, die alles glauben ,was ihnen Blaues vom Himmel herunter versprochen wird? Manchmal schon, nämlich dann, wenn wir es glauben wollen!

Man hört die Zwillinge erst wieder, wenn sich die Marktschreierei nach dem Kauf als plumpe Täuschung entpuppt hat. Doch dann melden sie sich um so lauter zurück:

“Alles nur heiße Luft. Wie konnte ich nur auf solch eine dumm-dreiste Marketing-Masche hereinfallen?”
“Das sieht doch ein Blinder, dass dieser Ramsch das viele Geld nie und nimmer wert sein kann. Allein schon, wie die rumtönen.”

Es fällt einem wie Schuppen von den Augen. Nur leider zu spät. Viele Leute schämen sich dann sogar Ihrer eigenen Dummheit, aber zu Recht? War es tatsächlich so offensichtlich, dass jeder es erkennen konnte, gar musste, wenn er nur genau hinschaute? Oft ja, wenn er die rosarote Wunschbrille bemerkt (und abgenommen) hätte, die sich ihm ganz still und heimlich auf die Nase geklemmt und seine Wahrnehmung manipuliert hatte.

Manchmal aber wird auch bewusst versucht, Vertrauen aufzubauen und den Käufer in vermeintlicher Sicherheit zu wiegen. Manipulierte Kundenbewertungen, Gütesiegel, Geld-Zurück-Garantien und Ähnliches sind gern verwendete “Helferlein”. Auch großartige Produktverpackungen gaukeln dem Käufer viel mehr vor, als dann tatsächlich “drin” ist. Ein langweiliges 20-Seiten-PDF lässt sich so ganz einfach zu einem mehrteiligen Profi-Workshop aufblasen und Allerweltswissen zu exklusiven Insider-Geheimtipps. Die Behauptung gilt hier schon als Beweis. Alles eine Frage der Präsentation. Alles eine Sache der Wahrnehmung. Alles reines Gefühl.

Aber nicht immer sind solche Tricks leicht zu durchschauen und noch schwerer ist es, sich dagegen zu wehren. Deshalb sollte man sich auch nicht zu sehr grämen, wenn man einmal auf solche Tricks hereingefallen ist. Man sollte diese Erfahrung (wie überhaupt jeden Fehler) besser dazu nutzen, zu lernen. Schützen kann man sich nur, wenn man weiß, wie solche Tricks funktionieren. Und das werden Sie in diesem Workshop lernen.

Bitte verstehen Sie mich an dieser Stelle nicht falsch: Ich will solche “Helferlein” nicht in Bausch und Bogen verdammen und die Verkäufer, die sich ihrer bedienen, allesamt als Betrüger abstempeln. Diese Marketing-Instrumente können ein wichtiges Element in einem ehrlichen Marketing-Mix sein, weil sie die beiden “rationalen” Gefühlszwillinge ansprechen. Gute und seriöse Dienstleister wie zum Beispiel Trusted Shops oder auch die Stiftung Warentest haben viel dazu beigetragen, Kundenbewertungen oder Gütesiegel zu dem zu machen, was sie in den Augen der meisten Käufer sind: Starke Kaufargumente.

Blender und Betrüger wollen dieses Vertrauen missbrauchen, indem sie dem Kunden mit wert-, weil norm- und kontrolllosen Phantasiesiegeln und selbstgedichteten Lobeshymnen das vortäuschen, was seriöse Institutionen oder Verbraucherschützer, durch ständige Kontrolle der Verkäufer und deren Produkte, mit der Verleihung Ihrer Siegel oder Testnoten garantieren:

  • sicheren Einkauf,
  • seriöse Verkäufer,
  • wertvolle Produkte,
  • hohe Qualität,
  • ein angemessenes Preis-Leistungsverhältnis
  • und Ähnliches.

Das also, was Hochstapler-Produkten fehlt und diese selbst nicht erbringen können oder wollen. Ein Siegel, ein Kunden- oder Testurteil an sich sagt deshalb noch gar nichts aus. Entscheidend ist, wer oder was dahinter steckt. Wenn es der Verkäufer selbst ist oder einer seiner Partner, dann ist auch ein Gütesiegel nichts mehr als eine schöne Dekoration auf einer Webseite. Wenn es ein gutes Produkt ist, dass sich so nur noch besser verkaufen lässt, ist es gutes Marketing. Gute Verkäufer haben keine Angst gute Produkte von seriösen und unabhängigen Testern prüfen zu lassen. Warum auch?

Auch der Preis eines Produktes sagt noch lange nichts über dessen tatsächlichen Wert oder die Qualität aus. Auch mit ihm kann man nicht vorhandene Inhalte vortäuschen. Wer vermutet schon hinter einem 500-Euro-Produkt in Wirklichkeit eines mit dem Wert von vielleicht gerade einmal 30 Euro oder ahnt gar, dass man die gleichen Inhalte in einer vielleicht nicht ganz so pompösen Verpackung sogar umsonst bekommen kann? Wer glaubt, dass ein Verkäufer so dreist sein kann? Nur der, der dies schon einmal im nachhinein schmerzhaft feststellen musste. Damit will ich aber nicht pauschal hochpreisige Produkte aus dem Infoprodukte-Bereich verteufeln, denn es gibt viele seriöse Verkäufer, die hervorragende Hochpreis-Produkte mit echtem Mehrwert anbieten.

Alles ist relativ

Kein Produkt, keine Ware, keine Dienstleistung hat einen festen Wert an sich. Bestes Beispiel hierfür sind Produkte die oftmals mittels aufwändiger Launches für beispielsweise 300 Euro angepriesen werden. In manchen Fällen findet man die gleichen und oft auch bessere Inhalte in Fachbüchern oder Workshops für nur 30 Euro oder gar kostenlos auf Fach-Blogs. Warum kaufen viele Leute diese mit jeder Menge altbekannter Marketing-Weisheiten (“Sie brauchen unbedingt Traffic und Social Media ist auch noch irgendwie wichtig.”) und viel heißer Luft (“Bla, bla, bla… ich bin ein alte Hase, Blubberblase!”) aufgeblähten, doch eindeutig überteuerten Produkte trotzdem? Weil sie eben nicht das 30 Euro-Fachwissen kaufen, sondern die versprochenen tausenden von Euro Monatseinkommen, die mit diesem “Profiwissen” schon in wenigen Tagen oder Wochen erzielbar sein sollen. Garantiert! Mit eigenem Gütesiegel: “Geht garantiert gut!”

Diese Art des Marketings geht nicht von den Eigenschaften bzw. Möglichkeiten des Produktes aus, sondern von den Wünschen der potenziellen Käufer. Gezielt wird mit Versprechungen suggeriert, dass dieses Produkt die Wünsche der Zielgruppe erfüllt. Diese Wünsche allein bestimmen, was versprochen wird. Das Produkt ist in den Augen der gläubigen Kundschaft auf einmal nicht mehr die verlangten 300 Euro wert und schon gar nicht die tatsächlichen 30 Euro, sondern die gefühlten 3000 Euro und noch viel, viel mehr. Der Wert ist die viel versprochene, lang ersehnte und herbeigeträumte finanzielle Unabhängigkeit und genau diese wird jetzt für läppische 300 Euro gekauft. Was für ein Schnäppchen!

Garniert wird das Ganze zusätzlich mit dem Versprechen, alles sei ganz einfach und erledige sich wie von selbst. Vorkenntnisse sind völlig unnötig. Internet-Marketing ein Kinderspiel. Bestes Beispiel ist meist der Verkäufer selbst. Was er könne, könne jeder andere auch, auf Anhieb. Das stimmt meist tatsächlich. Fragt sich nur, wie sich dann einen Preis von 500 Euro für solches Laienwissen, anders kann man es dann ja nicht nennen, rechtfertigt?

Wenn man sich solche Präsentationen zu Gemüte führt, fragt man sich fast automatisch: Glaubt der Verkäufer etwa selbst, was er da als heiligen Gral anpreist? Das kann gut sein, denn

  • Wenn man das Zusammenbasteln eines simplen Marketing-Kurses mit tausendmal gehörten Marketing-Weisheiten und dessen auf noch billigere Effekte zielende Verkaufe als Krone des Internet-Marketings ansieht, dann ist der Verkäufer ein echter Marketing-Guru.
  • Wenn man den Nutzen des Kurses für die Kunden als Maßstab nimmt, ist das Ergebnis oftmals das glatte Gegenteil.
  • Wenn man unter Internet-Marketing versteht, naiven Kunden möglichst viel Geld aus der Nase zu ziehen, ist der Verkäufer auf dem Weg ein echter Experte zu werden.
  • Wenn man unter Internet-Marketing versteht, gute Produkte mit einem echten Nutzen für seine sehr viel Geld zahlenden Kunden zu produzieren, ist der Verkäufer auf dem Holzweg.

Es kommt also maßgeblich darauf an, was man als Verkäufer unter Marketing bzw. Verkaufen versteht. Alles ist relativ, auch der persönliche Anspruch jedes Experten und derer, die sich dafür halten. Den Nutzen hat immer der Verkäufer, den Schaden oft der Käufer. Verkaufen, Marketing allgemein und Internet-Marketing im Besonderen sind komplexe, umfangreiche, sich ständig verändernde Themen. Man sollte es sich nicht zu leicht machen (wollen)!

Und doch – Nichts ist sicher

Auf solche Tricks kann jeder Kunde hereinfallen, auch und gerade, wenn er sich für noch so vorsichtig hält. Genau diese Überzeugung bzw. diese Suche nach hundertprozentiger Sicherheit (oft kombiniert mit Bequemlichkeit) lässt einen in eine solche Marketing-Falle tappen. Oft ist es ja der Kunde selbst, welcher seine Zweifel-Zwillinge so lange bearbeitet, bis er sie selbst nicht mehr hört. Auch hier ist die eigene Gier, sind die eigenen Wünsche und Träume, (Emotionen) viel mächtiger als die Realität (Fakten).

Bei Sicherheitsfanatikern dauert es vielleicht etwas länger, die Zweifel zu verdrängen. Es funktioniert dann aber umso gründlicher. Je größer die Zweifel zu Anfang, desto mächtiger müssen die Wünsche sein, um sie zu verdrängen, desto toller dementsprechend die Versprechen der Verkäufer und desto größer am Ende der Schaden. Nicht nur finanziell. Diese Leute können sich auch nach dem Platzen ihrer Traumblasen nur schwer bis gar nicht eingestehen, selbst zumindest einen Anteil am Reinfall zu haben. Schuld haben immer nur die Anderen, immer wieder.

Wer auf der Suche nach der absoluten Sicherheit, also nach etwas ist, dass es im realen Leben nicht gibt, ist besonders anfällig für Tricks, die ihm die Erfüllung dieses Sicherheitswunschtraums vorgaukeln. Wer dagegen schon mit einem gesunden Misstrauen, allzu verlockend klingenden Versprechungen gegenüber und vor allem schon mit dem Gedanken an einen Kauf herangeht, dass es auch schief gehen kann, der ist eben auch nicht so total überrascht, wenn es denn genau so kommt. Und: Er ist von Anfang an nicht bereit, größere Summen zu investieren, weil er das Verlust-Risiko nicht versucht komplett auszuschalten, sondern, zumindest am Rande, mit einkalkuliert. Er geht deshalb nur ein kalkuliertes Risiko ein, investiert Geld, welches er im schlimmsten Fall auch verlieren kann. Im Gegensatz zum Sicherheitsfanatiker, der, im Glauben immer alles richtig zu machen, alles investiert und oft alles verliert.

Alles ist emotional

Wir treffen keine rationalen Entscheidungen. Keine einzige unserer Entscheidungen beruht einzig und allein auf Verstand und Ratio. Für viele Menschen ist es schlicht unmöglich sich vorzustellen, dass unberechenbare und unkontrollierbare Dinge wie Gefühle ihr Verhalten beinflussen. Für Menschen, die fest daran glauben, vernünftig und rational zu handeln, ist es schwer zu akzeptieren, dass sie in Wahrheit doch nicht alles so unter Kontrolle haben, wie sie vielleicht denken. Aber der einzige Weg, zumindest einen Teil der Kontrolle (wieder) zu erlangen, ist es, sich der Tatsache bewusst zu werden, dass man in seinem Verhalten manipulierbar ist, weil man in seinen Gefühlen manipulierbar ist.

Vermeintlich rationale Menschen müssen umdenken: Emotionen sind nichts Schlechtes, Störendes oder gar Peinliches. Sind sind kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil: Sie sind unverzichtbar, gerade in unserer heutigen Zeit, wo man viele Dinge gar nicht mehr in vollem Umfang erfassen und deshalb auch nicht wirklich durchdenken kann. Vor allem auch dann, wenn uns Wissen und Erfahrungen auf einem bestimmten Gebiet (noch) fehlen.

Wer kennt nicht die Situationen, wenn man das Gefühl hat, irgend etwas stimme nicht. Hier melden sich die Zweifel-Zwillinge, können aber nicht “in Worte fassen”, was da nicht in Ordnung ist, also versuchen sie durch Hüpfen im Bauch auf sich aufmerksam zu machen. Man kann zwar nicht genau sagen, was einen stutzig macht, aber es erhöht die Aufmerksamkeit und rettet uns vor so mancher falschen Entscheidung. Unser “Bauchgefühl” ist wichtig und es ist, gerade in unserer heutigen, komplexen Welt, richtig, wenn das Hirn das eine oder andere Mal auf dieses Bauchgetrampel hört.

Selbst der scheinbar doch so rationale Preis eines Produktes ist kein fester Orientierungspunkt in unserer emotionalen Einkaufsachterbahnfahrt, denn auch der Preis ist immer reine Emotion. 50 Euro können sich sehr billig oder verdammt teuer anfühlen. Manchmal beides in genau dieser Reihenfolge! Vor dem Kauf billig, danach umso teurer. Es kommt immer auf die Umstände an. Die “Entscheidung” billig oder teuer trifft man sofort in dem Augenblick rein emotional, wo man den Preis erfährt. Schon bevor man nach rationalen Argumenten sucht, diese Entscheidung zu bestätigen. Und es ist sehr schwer dieses Gefühl mit rationalen Argumenten zu widerlegen. Hat man erst einmal den Wunsch etwas haben zu wollen, ist es sehr schwer dann doch darauf zu verzichten.

In dem Moment, wo in uns der Wunsch “Das will ich unbedingt haben!” geweckt wird, haben wir den Preis schon akzeptiert. Ist er im Verhältnis zu unseren Möglichkeiten eher hoch, suchen wir gezielt nach Argumenten, die ihn und damit unseren Kauf vor unserem Verstand (und den Zweifel-Zwillingen) rechtfertigen. Meist finden wir welche. Gutes (und auch weniger gutes) Marketing versucht genau diesen Wunsch möglichst früh zu wecken und uns gleichzeitig die zur Selbstüberzeugung noch nötigen Kauf-“Argumente” zu liefern.

Bevor wir uns weiter mit den Details, deren Wirkung und vor allem deren seriöse (!) Nutzbarmachung für Ihr Geschäft beschäftigen wollen, sollten wir uns noch ein wenig den Grundlagen widmen. Nur wenn wir verstehen, wie Kaufen auf emotionaler Ebene wirklich funktioniert, werden wir auch wirklich verstehen können, wie erfolgreiches Verkaufen tatsächlich funktioniert.

Dazu müssen wir erst einmal den Zeitpunkt finden, am dem der Kaufwunsch auftritt. Sie werden sich wundern, wo dieser tatsächlich liegt. Haben wir ihn gefunden, können wir darangehen ihn und die Zeit davor und danach zu optimieren. Deshalb wollen wir uns im zweiten Teil unseres Workshops einmal in der bunten Einkaufswelt umsehen und stellen uns unter anderem die Fragen:

  • Welchen Wert hat Geld eigentlich?
  • Wie entsteht der Wert?
  • Ist er für alle Menschen, zu allen Zeiten, an allen Orten gleich?

Sie werden staunen, was man alles entdeckt, wenn man sich einmal mit Geld an sich beschäftigt. Sie werden sich wundern, auch über sich selbst. Garantiert! :-)
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[dt_sc_toggle title=“Teil 2: Welchen Wert hat Geld?“]

  • Geld macht Angst
  • Was ist Geld?
  • Was ist Wert?
  • Wette verloren, Erspartes verloren.
  • Kaufen ist Emotion
  • Geld ist Emotion
  • Verkaufen ist Emotion

Geld macht Angst

“Unser Geld ist immer weniger wert. Vor ein paar Jahren konnte man sich noch viel mehr dafür kaufen.”

Inflation und sinkende Kaufkraft werden immer wieder als Urängste von uns Deutschen bezeichnet. Fällt nur einer der Begriffe, werden sofort wieder die Bilder von Schubkarren voller Geldscheine, für die man nur ein einziges Brot kaufen konnte oder die Reichsbanknoten mit den aberwitzigen Milliardensummen strapaziert. Schon fast reflexhaft wird die Hyperinflation von 1923 pechschwarz an die Wand gemalt, obwohl die allerwenigsten heute noch lebenden Menschen sie noch live erlebt haben dürften.

Einen ähnlich tiefen Eindruck hat der völlige Zusammenbruch des Finanzsystems nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Nachkriegsgeneration hinterlassen. Die Reichsmark war nahezu nichts mehr wert. Sie wurde ersetzt durch die einzige wirklich harte Währung in der Nachkriegszeit: “Lucky Strikes”. Erst nach Einführung einer neuen Währung, der D-Mark, besserte sich die Situation schlagartig. Das “Wirtschaftswunder” begann fast über Nacht und  prägte wiederum eine ganze Generation von Deutschen. Noch heute wirkt dieses Wunder nach in der Sehnsucht nach einer stabilen Währung, nach der “guten, alten D-Mark”, und der Angst vor der Inflation.

Auch in der so genannten “aktuellen Eurokrise” wurde und wird ja immer wieder das Horrorszenario der Banken stürmenden Volksmassen heraufbeschworen, weil sie das Vertrauen in die Seriösität ihrer Banken und somit in die Sicherheit ihrer Ersparnisse verlieren. Deshalb müssen wir die Banken ganzer Länder (samt russischen Steuerflucht-Milliardären) retten, Finanzsysteme und Währungen stabilisieren und Schuldenberge für unsere Kinder auftürmen, indem wir Steuerzahler die faulen Kredite irgendwelcher “privater Anteilseigner” übernehmen, damit diese mit unserem Geld mit der Spekulation von vorne beginnen können.

Obwohl keiner wirklich durchblickt in diesem Finanzdschungel, wird gerettet, was das Zeug hält, nur um die Stimmung an den Finanzmärkten nicht wieder kippen zu lassen. Keiner hat ein langfristiges Konzept, geschweige denn irgendein sicher wirkendes Rezept, keiner einen Plan, weil jeder Rettungsplan schon am nächsten Tag wieder Makulatur ist. Keiner weiß um welche Summen es letztendlich geht und ob die nächste Trance ausreichen wird. Augen zu und durch, man darf nur nicht den Glauben verlieren in Politiker und schon gar nicht den der Gläubiger.

Vertrauen, Sicherheit, Verlustangst, Risiko, Stimmung, Glauben – alle diese Begriffe haben zwei Dinge gemeinsam: Sie sind der Inbegriff der aktuellen Finanzkrise und sie beschreiben alle keine rationalen Vorgänge – wie man es bei Gelddingen, vor allem in solchen Dimensionen, doch eigentlich erwarten sollte – sondern Emotionen, Gefühle. Keine guten Gefühle. Hier wird schon lange keine Bank, kein Land mehr gerettet, sondern nur noch der Glaube an ein Geldsystem, eine Währung, an das Geld an sich, dessen Wert in den Augen von Bankern und Bankkunden.

Ich will hier jetzt nicht zu tief im Sumpf der Finanzwelt versinken, aber schon diese wenigen Beispiele zeigen uns eindrücklich, das Geld einen Wert hat, der alles andere als stabil zu sein scheint und das auch beim Thema Geld die beiden Zweifel-Zwillinge “Sicherheit” und “Vertrauen” unsere guten, alten Bekannten aus dem ersten Teil unseres Workshops, wieder eine große Rolle zu spielen scheinen. Es sind also auch hier wieder große Emotionen im Spiel.

Wir können aus den Beispielen aber auch sehen, das Geld gar nicht so konkret festzumachen ist, wie wir denken. Mal wird es in ein paar Wochen zu Milliarden, mal wird es ersetzt durch Zigaretten, mal steht es als Symbol für Stabilität, dann schmeißt man eine Gelddruckmaschine an und zaubert billiges Geld in Massen aus dem Nichts. Da stellt sich doch die Frage:

Was ist Geld überhaupt?

Gute Frage, oder? Alle wollen es, aber keiner weiß so richtig, was es eigentlich ist. Mal ist es viel, mal wenig, mal hart, mal weich, mal materiell, mal immateriell, mal echt, mal falsch, mal gut, mal schlecht (“bad”), aber nie wirklich real. Es besitzt nur einen Wert, wenn wir alle daran glauben. Es kann aus dem Nichts auftauchen und sich in Luft auflösen. Die meisten haben immer zu wenig und einige Wenige bekommen nie genug.

Folgt man Wikipedia, wird der Begriff “Geld” aus dem indogermanischen ghel, “Gold” hergeleitet. Man bezeichnete damit etwas, mit dem man eine Buße oder ein Opfer erbringen konnte. (Heute sagt man wohl eher Steuern dazu.) Erst später erhielt es seine Bedeutung als alltägliches Zahlungsmittel. Es kann in materieller Form als Geldschein oder Geldmünze oder in immaterieller Form als Bankguthaben oder Kredit existieren.

Aber weder Scheine, noch Münzen und schon gar keine Kontoauszüge haben, abgesehen vom meist geringen Materialwert, irgendeinen Wert an sich. Niemals haben sie tatsächlich den Wert, der ihnen aufgedruckt wurde. Ihr Wert ist ein abstrakter Wert und wird erst dann “sichtbar”, wenn man etwas dagegen eintauscht.

Geld ist nur ein Tauschmittel. Das können Zigaretten aber auch sein. Die haben, zumindest für Raucher, zusätzlich einen Gebrauchswert, denn sie können einen Bedarf befriedigen. Geld selbst dagegen nicht. Geld kann man weder essen noch rauchen, man kann es nur eintauschen. Und das auch nur, wenn sein “Wert” von allen anderen potenziellen Tauschpartnern akzeptiert wird. Ansonsten ist es völlig wertlos.

Was ist Wert?

Wo wir bei einer weiteren Frage wären: Was ist eigentlich ein “Wert”? Den Wert an sich gibt es nicht. Es ist keine feste Größe. Der Wert einer Sache ist immer relativ. Er entsteht immer dann, wenn man verschiedene Dinge miteinander vergleicht. Man nennt das “Wertäquivalent”. Es ist eine Schätzung, die zu einem Teil durch den Aufwand (zum Beispiel für die Produktion einer Ware oder die Erbringung einer Dienstleistung) aber auch durch die Nachfrage (den Wert, für den ein Tauschpartner es zu einem bestimmten Zeitpunkt bereit ist, einzutauschen.) beeinflusst wird. Dieser Wert kann sich, vor allem durch eine veränderte Nachfrage, ständig ändern. Was heute noch wertvoll ist, kann morgen schon von gestern sein.

Weil einer solchen Schätzung neben rationalen Grundlagen auch Meinungen und Wünsche (oft in Form von Trends) zugrundeliegen, ist einen Schätzung zu einem großen Teil rein emotional. Den Materialwert, die Arbeits- und Produktionskosten (also den Aufwand) kann man noch halbwegs sicher beziffern, die Nachfrage dagegen nicht vorhersagen. Es können bei einem Vergleich der gleichen Dinge zu unterschiedlichen Zeiten völlig unterschiedliche Werte herauskommen. In dieser Diskrepanz liegt übrigens der Ursprung aller Spekulation.

Eine solche Schätzung ist, weil emotional, immer auch beeinflussbar und damit gleichzeitig ein wichtiger Ansatz für das Marketing. Man kann den Wert (und damit den möglichen Preis) eines Produktes oder einer Dienstleistung beeinflussen!

Der Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung wird in der Wirtschaft ausgedrückt durch den Preis und der in Form einer bestimmten Summe Geld. Da haben wir es wieder! Geld ist demnach der Ausdruck für den Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung. Dieser Wert ist nicht stabil und wird immer wieder aufs Neue durch Schätzung von uns Menschen selbst bestimmt. Das hört sich alles andere als sicher an, oder?

Geld ist emotional. Geld ist nicht rational. Geld an sich hat keinen Wert, abgesehen von den paar Cents Materialwert. Geld besitzt erst einen Wert, wenn wir es eintauschen, weil wir uns damit einen Wunsch erfüllen wollen. Wünsche sind unglaublich emotional und sie sind immer in die Zukunft gerichtet. Geld ist deshalb nichts anderes als die Möglichkeit sich in Zukunft etwas dafür eintauschen, sich einen Wunsch erfüllen zu können.

Geld ist eine Zukunftsoption! Mehr nicht.

Alles, was in der Zukunft liegt, kann nur erahnt werden. Je nachdem, wie man diese Option bewertet, bewertet (schätzt) man den Wert seines Geld. Es ist im Grunde nichts anderes als ein großer Aktienmarkt der Wünsche, den ein Einzelner überhaupt nicht logisch oder rational erfassen kann. Hat man Angst vor einer Inflation, schätzt man, dass der Wert seines auf dem Sparbuch geparkten Geldes, also dessen Tauschkraft (auch als Kaufkraft bezeichnet) sinken wird, kann aber gleichzeitig hoffen, dass seine Schulden auch weniger wert sein werden. Umgekehrt geht es aber genau so.

Wette verloren, Erspartes verloren.

Das Ganze hat auch ein wenig von einer Wette. Geld ist eine Wette auf die Zukunft. Wir arbeiten heute dafür uns zukünftig etwas eintauschen zu können. Wie der Wert des Geldes in ein paar Jahren oder Jahrzehnten sein wird, kann keiner voraussagen, auch wenn auf den Rentenbescheiden immer so schöne Summen stehen. Was man auf sein Sparbuch packt, verliert ja schon heute ständig an Wert. 1000 Euro, die Sie heute einzahlen haben, hätten in fünf Jahren bei einer Inflation von gerade einmal 2 Prozent nur noch eine Kaufkraft (also einen Tauschwert) von 905,73 Euro. Das sind schlappe 10 Prozent weniger in nur fünf Jahren! (Quelle: Inflationsrechner www.zinsen-berechnen.de)

Ich weiß, die letzten Absätze waren sehr theoretisch und nicht einfach verständlich, aber nur wenn man Geld als das sieht, was es letztlich ist, nämlich eine Option, in der Zukunft etwas eintauschen zu können, kann man seine tatsächliche, rein emotionale Bedeutung für uns Menschen erst richtig erfassen.

Wir trennen uns meist nur sehr ungern von unseren Zukunftsoptionen. Wir wollen flexibel bleiben, uns einen Spielraum erhalten. Es könnte ja immer noch eine bessere Option geben! Will man jemandem etwas verkaufen, muss man ihn deshalb überzeugen, dass dieser Kauf, dieser Tausch, jetzt und auch für eine gewisse Zukunft der beste Tausch, die beste Option, für ihn ist. Erinnern Sie sich noch an den ersten Workshop-Teil, als wir am Beispiel von einschlägigen Produktlaunches herausfinden wollten, warum Menschen solch völlig überteuerte Produkte kaufen? Weil es in ihren Augen ein genialer Tausch ist! Ein paar Hundert Euro gegen finanzielle Unabhängigkeit – Kann es eine bessere Zukunftsoption geben?

Wir vergleichen möglichst genau die verschiedenen Möglichkeiten zum Geld ausgeben. Ist ein Produkt eine Ware, eine Dienstleistung wirklich das verlangte Geld wert? Das Ergebnis ist allerdings immer nur eine sehr grobe Schätzung: Um ein tatsächlich relevantes Ergebnis zu bekommen, müssten wir eine unüberschaubare Vielzahl von Optionen und das auch noch über einen längeren Zeitraum in die Zukunft, unter Einbeziehung aller möglichen unvorhersehbaren Ereignisse gegeneinander abwägen. Das kann nicht einmal der beste Computer der Welt. Deshalb gleichen auch die Börsen eher illegalen Wettbüros in stickigen Kneipenhinterzimmern als sicheren Geldanlageplätzen.

Kaufen ist Emotion

Der Vergleich der verschiedenen Optionen findet nicht auf einer rationalen Ebene statt. Der Vergleich findet auf emotionaler Ebene statt. Nur so ist es uns auch möglich völlig verschiedene Produkte oder Dienstleistungen miteinander zu vergleichen. Soll ich mein Geld lieber für eine Urlaubsreise oder besser doch eine neue Waschmaschine ausgeben? Wir alle entwickeln dabei ein eigenes flexibles Wertesystem. Wir wissen wann Kaffee im Supermarkt wirklich billig ist und haben ziemlich genaue Vorstellungen davon, was unser Urlaub alles inklusive haben sollte.

Wir vergleichen auch nicht nur die Preise selbst miteinander. Hinzu kommen das Aussehen, die Ausstattung, die Qualität, usw. und auch eine weitere emotionale Komponente, denn wir bewerten Produkte nicht nur nach ihrem reinen Nutzen, sondern sie haben immer auch einen Wert darüber hinaus. Wenn man sich ein Auto wünscht, dann stellt man sich nicht vor, dass man es einfach besitzt um von A nach B zu kommen, sondern malt sich aus, wie man damit über die Autobahn schwebt, die Kinder oder Betonsäcke bequem und sicher transportiert, den Nachbarn oder den Arbeitskollegen imponiert.

So ist es bei allen Käufen. Man verbindet den Kauf mit einer oder mehreren Wünschen und Erwartungen. Man will mehr als nur kaufen. Einmal abgesehen von den Menschen, für die das Kaufen an sich schon die größte Erregung darstellt.

Kaufen ist Emotion, das Internet aber kein guter Emotionsüberträger. Vergleichen sie dazu einmal die Emotionen, die Sie beim Einkauf im Supermarkt bewegen, wenn Sie die Ware sehen, fühlen, riechen und manchmal auch schmecken können. Oft ist es die pure Verführung, die Sie erst beim Bezahlen an der Kasse spüren. Dann ist es natürlich oft schon zu spät, es sei denn, Sie lassen die Hälfte der schon gescannten Einkäufe wieder zurückgehen, (wenn sie die Reaktionen der Schlange Stehenden aushalten können.) Nichts davon auf unseren Internetseiten. Kein Fassen, kein Riechen, ja oft nicht einmal etwas fürs Auge. Textwüsten erzeugen keine Glücksmomente, sondern Langeweile. Sie verführen höchsten zum Wegklicken.

Emotionales Marketing fängt nicht erst auf der Webseite an, es ist ein ganzheitlicher Prozess. Vom E-Mail-Text, über das Webdesign bis hin zur Kundenbetreuung nach dem Kauf. Hier überall kommt es auf die Details an. Schon mit wenigen kleinen Dingen können sie etwas bewirken, positiv und auch negativ, aber erst die Summe dieser vielen kleinen emotionalen Auslöser bestimmt am Ende über ihren geschäftlichen Erfolg. Deren Optimierung ist das Ziel des Neuromarketings.

Früher wurde Ware gegen Ware getauscht (Fell für Honig) oder Ware gegen Dienstleistung (Bier für Schutz gegen Raubritter). Man hatte etwas Handfestes und die Tauschoption wurde meist sofort eingelöst. Erst später kam das Geld als Zwischentauschmittel und mit ihm eine völlig neue Möglichkeit. Geld hat auch die Eigenschaft eines Optionsspeichers. Wir können es sparen und zu einem späteren Zeitpunkt ausgeben. Das schuf völlig neue Tausch- und Vertuschungsmöglichkeiten, neue Anlage- und Wettformen bis hin zu den Verwerfungen der globalen Finanzglaubenskrise.

Geld ist Emotion

Geld zu verdienen bzw. zu bekommen oder vor allem auch zu gewinnen, verschafft uns einen Lustgewinn, eine positive Emotion. Die kann so groß  werden, dass allein das Streben danach zu einer Sucht werden kann. Beste Beispiele sind die Boni der Banker oder auch die Spielsucht. Mit Verstand und Rationalität haben solche Summen, ein solches Verhalten, eine solche Gier nichts mehr zu tun. Diese Emotion ist so stark, dass sie sich praktisch verselbstständigt hat. Es geht nicht mehr ums Geld an sich, sondern das Glücks-, Erfolgs- oder Selbstbestätigungsgefühl, wenn man es bekommt (und der Kollege nicht). Geld kann aber auch völlig gegensätzliche Emotionen hervorrufen, nämlich wenn man es verliert.

Auch ein Mangel an Geld, allein schon der Gedanke daran, erzeugt negative Emotionen wie Ängste bis hin zu Depressionen, oft über einen langen Zeitraum. Der Verlust des Arbeitsplatzes ist bei Umfragen mit oft bis zu 75 Prozent immer wieder der Spitzenreiter auf die Frage, wovor sich die Deutschen fürchten. Lange vor solchen, im Vergleich dazu, gefühlten Modeängsten wie Klimawandel, Terroranschlägen, Atomkriegen oder irgendwann im letzten Jahrhundert einmal so etwas wie Waldsterben.

Arbeitslosigkeit wird nicht in erster Linie deshalb gefürchtet, weil man die Arbeit so sehr liebt, sondern weil dann die Gelderwerbsquelle wegfällt. Diese Angst lässt uns Jobs annehmen, die wir hassen und in diesen Jobs Dinge machen, die unser Gewissen eigentlich ablehnt, nur weil der Chef als Arbeitgeber es will. Es ist die pur Angst vor dem sozialen Abstieg, der in Wirklichkeit nur 0,1 Prozent der Bevölkerung überhaupt jemals treffen wird. Die Angst steht folglich in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Bedrohung. Nur wird diese Bedrohung, der soziale Abstieg, weil unweigerlich verbunden mit dem Wegfall vieler Zukunftsoptionen für sich selbst und seine Kinder, als besonders fatal angesehen.

Mit Geld bzw. dessen Funktion als Zukunftsoption bzw. Wunscherfüller sind, wie wir sehen, große, lebensbewegende Emotionen verbunden. Sie bestimmen wie wir unser Verhältnis zum Geld (seinen individuellen Wert) definieren. Hat man viel Geld auf der hohen Kante oder auch nur die Aussicht auf viel Geld (zum Beispiel einen Job mit einem tollen Monatseinkommen oder der Chance auf Super-Boni am Jahresende), sinkt der Wert eines einzelnen Euros. Man kann es sich ja leisten. Lebt man von Hartz IV ohne Perspektive dort jemals wieder heraus zu kommen, hat jeder Euro einen ganz anderen Wert. Man kann sich nichts mehr leisten.

Dieses grundsätzliche Verhältnis bestimmt auch unser Verhalten bei kleineren Summen. Meist unbewusst. Wir hängen an unserem Geld und geben es ungern wieder weg. Wer es, wie zum Beispiel ein Onlinehändler, haben will, muss schon etwas bieten, bevor wir es hergeben. Unser Geld hat für jeden von uns einen individuellen emotionalen Wert. Versprechen ein Produkt oder eine Dienstleistung einen gleichen oder gar höheren emotionalen Gegenwert, dann geben wir es „guten Gewissens“ her. Erreicht ein Angebot nicht diese emotionale Schwelle dann haben wir eher „Gewissensbisse“ oder rücken unser Geld gar nicht erst heraus.

Bemerken wir erst nach dem Kauf, dass der Gegenwert nicht so hoch ist, wie versprochen, dann fühlen wir uns betrogen. Bei einem Kauf haben wir unser Geld entweder gut angelegt, ein Schnäppchen gemacht oder auch zum Fenster hinausgeworfen. Wir haben ein gutes Gefühl, ein Glücksgefühl oder ein richtig mieses Gefühl. Diese Wertung nimmt nicht unser Verstand wahr, sondern unser Bauch!

Verkaufen ist Emotion

Warum erzähle ich ihnen das alles? Weil wir nur so lernen können wie Verkaufen wirklich funktioniert. Wenn sich Kaufen bzw. Geld ausgeben auf einer emotionalen Ebene abspielt, dann sollten wir dem potentiellen Kunden  vielleicht besser nicht (nur) mit rationalen Argumenten kommen. Nicht (nur) sein Hirn ansprechen, sondern (auch) seinen Bauch. Wollen wir, dass ein Kunde auch kauft, müssen wir den emotionalen Wert unseres Angebotes so weit steigern, dass es den emotionalen Wert des dafür von uns verlangten Geldes beim Kunden erreicht oder gar übersteigt. Dann wird er mit ziemlicher Sicherheit kaufen. Das ist das eigentliche Ziel jeder Werbung (oder sollte es zumindest sein). Dafür müssen wir aber wissen, wie und warum der emotionale Wert von Geld entsteht.

Das allein hört sich schon nicht einfach an, aber wenn man dann noch bedenkt, dass jeder von uns den emotionalen Wert seines Geldes anders definiert, wird es erst richtig schwierig. Wir können nämlich nicht einfach davon ausgehen, dass der emotionale Gegenwert für unsere Angebote für jeden gleich ist. Bei dieser Bewertung spielen unheimlich viele Faktoren eine Rolle. Wir kennen das alle selbst. Haben wir viel Geld in der Tasche, kauft es sich viel einfacher ein. Wir sind bereit mehr zu kaufen oder auch einen höheren Preis zu zahlen. Haben wir dagegen nur wenig Geld dabei, fangen wir an, mit jedem Cent zu rechnen.

Bestes Beispiel für eine solche Kaufverführung: Die Kreditkarte. Es erklärt auch den Spareffekt, wenn wir nur mit einer bestimmten Summe Bargeld einkaufen gehen. Das Bargeld hat, weil es nur in begrenzter Menge zur Verfügung steht, einen deutlich höheren emotionalen Wert als die gleiche Summe als bloße Zahl auf unserem Bankkonto, welche wir auf der Kreditkarte nicht einmal vor Augen haben. Oder kennen Sie bei jedem Kauf auf Kreditkarte ihren genauen Kontostand davor und vor allem, danach? Objektiv gesehen hat die Summe bei beiden Zahlungsarten genau den gleichen Wert. Wir können uns für beide Summen, das Bargeld oder das vom Konto bzw. der Kreditkarte abgebuchte Geld genau die gleichen Dinge kaufen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Geld bekommt auch einen unterschiedlichen Wert, je nachdem welchen Aufwand wir betreiben mussten, um dieses Geld zu verdienen. Haben wir dafür hart gearbeitet, fällt es uns schwerer es wieder auszugeben. Unser Monatslohn von vielleicht 1500 Euro hat einen höheren emotionalen Wert als ein Lottogewinn in der gleichen Höhe. Beides können wir ausgeben, um uns zu belohnen, für unsere harte Arbeit oder unser Glück, nur ist die emotionale Befriedigung beim Ausgeben des Geldes, welches wir im Schweiße unseres Angesichts schwer verdient haben, viel größer.

Der Arbeitsaufwand hat einen höheren emotionalen Wert als der glückliche Gewinn. Das Produkt, für welches wir uns als Gegenwert für unsere harte Arbeit entscheiden, muss deshalb ebenfalls einen höheren emotionalen Wert haben. Die gleiche Summe Geld aus einem Lottogewinn geben wir viel eher für Dinge aus, die wir nicht wirklich brauchen als unseren Arbeitslohn, doch auch hier ist objektiv betrachtet, der reine Geldwert genau gleich hoch. Deshalb ist es wichtig, zu wissen, wie unsere Zielgruppe zu ihrem Geld kommt, um zu wissen, wie sie zu ihrem Geld steht!

Egal, ob harter Arbeiter oder Lottogewinner: Es gibt Menschen, die sind von Natur aus sparsamer, auch wenn sie keine Schwaben sind. Es hängt zwar grundsätzlich davon ab, wie viel Geld wir zur Verfügung haben, wie wir den Wert dieses Geldes beurteilen, aber es gibt genug Menschen, die viel zur Verfügung haben und trotzdem extrem geizig sind. Auch das genaue Gegenteil ist nicht selten. Viele Menschen geben mit beiden Händen Geld aus, welches sie gar nicht haben. Welches ihnen nur geliehen wurde. Auch hier ist der emotionale Wert des Geldes wieder sehr unterschiedlich. Der Geizige bewertet ihn viel höher als der Verschwender.

Auch Verlustängste spielen hier eine große Rolle. Nicht umsonst war die Nachkriegsgeneration im Umgang mit Geld deutlich zurückhaltender als die heutige. Die entbehrungsreiche Kindheit und Jugend hat diese Generation nachhaltig geprägt. Sparsam sein, Geld zurücklegen war eine Tugend. Man wusste, dass es nicht zwangsläufig immer nur bergauf gehen muss. Es können auch wieder schlechte Zeiten kommen und da wollte man vorbereitet sein. Wer dagegen immer nur gute Zeiten erlebt, wird eine solche Vorsorge oder Angst nicht haben, woher auch. Die guten Zeiten scheinen fürs Erste vorbei zu sein, aber Geld aufs Sparbuch packen, ist, wie wir schon gesehen haben, auch nicht mehr die beste Alternative.

Genau so verhält es sich mit den schon fast zyklischen Börsenblasen. Da wird auf einmal investiert ohne Sinn und Verstand, als wenn es niemals bergab gehen könnte, bis das böse Erwachen kommt. Man sollte meinen, die Leute würden lernen aus solchen Pleiten, aber die nächste Blase kommt bestimmt, nämlich dann, wenn mal wieder die Gier über die Erfahrung siegt und die vergangenen Blasen erfolgreich verdrängt hat.

Vielleicht können Sie jetzt schon gut nachvollziehen, wie sehr Gefühle und Emotionen unsere Kaufentscheidung beeinflussen, ohne dass wir uns dessen überhaupt bewusst werden. Lange bevor wir denken eine Entscheidung zu treffen. Wir haben dieses “Will ich unbedingt haben”-Gefühl für ein Produkt schon bekommen, lange bevor wir bewusst anfangen zu überlegen, ob wir es kaufen sollen. Die rationalen (Vernunft-)  Argumente können zwar oft unsere emotionale Entscheidung bekräftigen, manchmal auch entkräften, aber es ist fast unmöglich, die emotionale Entscheidung allein durch rationale Argumente zu ändern. Was wir nicht gut finden, kaufen wir nicht, egal wie vernünftig es wäre. Das Gegenteil dagegen ist umso häufiger der Fall. Wir kaufen etwas, weil wir es unbedingt haben wollen, obwohl wir es nicht wirklich brauchen oder es uns gar nicht leisten können. Hier schlägt eindeutig die Emotion den Verstand. Der Bauch das Hirn.

Erahnen Sie schon die Möglichkeiten, die uns ein Marketing eröffnet, welches gezielt an diesen emotionalen Entscheidungspunkten ansetzt? Die Kaufentscheidung ist rein emotional und das Marketing sollte es deshalb auch sein. Wie ein solches emotionales Marketing oder wie es neuerdings genannt wird, Neuromarketing, funktioniert und vor allem, wie man es im Onlinehandel wirkungsvoll einsetzt, wird das Thema der nächsten Teile dieses Workshops sein. -Wir werden verschiedene Varianten dieser emotionalen Kaufentscheidung kennenlernen und daraus resultierend viele verschiedene Marketing-Optionen ableiten. Es geht um Kopfkino, Spiegelneuronen, Perspektiventausch, taubstumme Webseiten und sogar Zombies.

Wenn Sie wissen wollen, was diese Zombies sind, wo sie uns auflauern und ob Ihre Webseite vielleicht auch solch ein untotes Etwas ist, dann lesen Sie unbedingt auch unseren nächsten Workshop-Teil.
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[dt_sc_toggle title=“Teil 3: Ist Ihre Webseite ein Zombie?“]

© Steve Young

Zombies sind “Individuen, die man künstlich in einen Scheintodzustand versetzt, beerdigt und dann wieder ausgegraben hat.” (Michel Leiris, französischer Ethnologe)

Wenn man in dieser Definition das Wort “Individuen” durch das Wort “Webseiten” ersetzt, hat man eine schöne Beschreibung für eine Unmenge an Internetseiten, die scheinbar tot durch World Wide Web geistern. Sie sind zwar irgendwie da aber nicht wirklich lebendig. Scheintot eben.

Hier sind nicht die vielen veralteten, ungepflegten oder vergessenen Webseitenruinen, letzte Zeugnisse längst vergangener Existenzgründerträume, gemeint, sondern ganz normale, aktive Webseiten von Menschen oder Unternehmen, die darüber ihre aktuellen Geschäfte abwickeln: Kunden gewinnen wollen, Produkte verkaufen oder auch nur ihr Image pflegen. Webseiten, an und mit denen täglich gearbeitet wird.

Die aber aussehen, als wären sie Zombies! Nicht tot, aber auch nicht lebendig. Sie sind zwar da, man kann sie aufrufen, anschauen, anklicken, aber man fühlt kein Leben in ihnen. Keine Farbe, keine Wärme, keine Emotionen.

Jetzt werden Sie vielleicht abwinken mit dem Argument: “Das sind ja auch nur digitale Produkte. Sichtbar gemachter Programmcode. Lauter Nullen und Einsen in einer bestimmten Reihenfolge. Nichts weiter. Die können gar nicht lebendig sein. Das sind doch keine Lebewesen!”

© Scanrail – Fotolia.com

Natürlich sind sie keine wirklichen Lebewesen, wie Menschen, Tiere oder Pflanzen. Webseiten sind und bleiben künstliche Produkte. Aber sie können sehr wohl lebendig sein! Sie können den Besucher ansprechen, Emotionen wecken, zu Handlungen bewegen, zu Taten inspirieren und natürlich auch zum Kaufen und Geld ausgeben.

Und diese Kommunikation ist keineswegs nur einseitig von Webseite zu Besucher. Wenn ich Ihnen jetzt sage, dass Webseiten fühlen können, lachen Sie mich vielleicht aus, aber das ist kein Witz. Ich meine das völlig ernst!

Und wie kommuniziert Ihre Website mit Ihren Besuchern ?

Warum Besucher (Menschen) beim Anblick von Webseiten reagieren, sei es mit Freude, Interesse, Ärger oder Flucht, ist meist gut nachvollziehbar. Jeder Internetnutzer braucht sich nur einmal selbst zu beobachten. Aber umgekehrt? Was wäre, wenn Webseiten ihrerseits auf einen Besucher reagieren würden? Das wäre doch gar nicht schlecht, oder?

Wieso wäre? Machen sie doch längst.  Bereits in dem Augenblick, wenn Sie einen Link anklicken, reagiert eine Website (im Idealfall auf die Erwartung des Benutzers).

Es gibt keine Webseite, die nicht reagiert. Auch wenn Sie keinen Link oder Button zum Klicken finden, ist das eine, wenn auch ziemlich kalte Reaktion auf ihre Anwesenheit, denn es gibt keine Webseite, die geschaffen wurde, um nicht besucht zu werden. Vielleicht könnte man eine solche “Nichtreaktion” übersetzen mit: “Verschwinde! Lass mich in Ruhe! Such woanders! Hier gibt es nichts zu entdecken! Hau ab! Wir wollen Dich nicht!” Eigentlich eine ziemlich harte Reaktion, oder? Aber auch eine klare Kommunikation.

© Dooder – Fotolia.com

Solche total abweisenden Webseiten sind tatsächlich eine echte Ausnahme. Die allermeisten Webseiten dagegen reagieren dann doch, wenn ein Besucher einen Button, einen Link oder das Scrollrädchen bedient. Aber auch deren Botschaften können lauten:

“Haben wir nicht”, “Keine Ahnung”, “Bist Du doof?”, “Weiß ich nicht”, “Such doch selbst”, “Hier bist Du völlig falsch”, “Interessiert mich nicht, was Du willst”, “Ich bestimme, wie es weitergeht!”, “Lass uns Verstecken spielen”, “Was gehn mich diese nervigen Kunden an”,

Solche Reaktionen sind nicht wirklich besser als gar keine Reaktion. Sie können es sogar noch viel schlimmer machen, wenn sich der Besucher, statt gar nicht beachtet, sogar verschaukelt oder gar vorgeführt vorkommt. Sie glauben, dass ist jetzt doch ein wenig zu weit hergeholt? Dann erinnern Sie sich einmal an das letzte Mal, als sie sich über eine Webseite so richtig geärgert haben.

  • Vielleicht, weil Links ins Leere oder an völlig falsche Ziele führten,

  • Das Webdesign oder die Marketing-Sprüche Sie förmlich anschrien

  • oder sie sich als Kunde einfach ignoriert fühlten, weil Programmierer oder Webdesigner völlig am Besucher vorbei optimiert haben

  • Ihnen immer wieder Informationen ins Auge gedrängt wurden, die Sie gar nicht haben wollten

  • dagegen interessante Informationen einfach nicht zu finden waren, weil

  • die Suchfunktion nur Schrott produzierte.

  • Sie sich fühlten sich wie bei der Ostereiersuche, weil die Navigation völlig wirr und verschachtelt ist

  • oder weil einfache, von allen anderen Webseiten bekannte und gewohnte Funktionen wie die Newsletter-Anmeldung oder der Klick zurück zur Startseite hinter “ganz tollen, individuellen, einzigartigen, nie zuvor dagewesenen Design-Lösungen” versteckt wurden

  • Sie selbst beim Verlassen der Seite noch mit billigen Angeboten verfolgt wurden

  • obwohl sie einfach nur noch weg wollten.

Merken Sie, welche Emotionen schon eine ganz normale Webseite aussenden kann? Sie kennen doch bestimmt selbst solche Momente, in denen Sie den Programmierer oder die Verantwortlichen einer Webseite zum Teufel gewünscht haben. Oft spricht man dass dann auch deutlich aus. Nur leider hört es der Verantwortliche nicht. Wie gut hören Sie eigentlich Ihren Besuchern zu? :-)

Aber um bei unserem Zombievergleich zu bleiben: Würden Sie jetzt auch noch sagen, eine Webseite kann nicht lebendig sein? Es ist ihr Schicksal wie ein Scheintoter durch das Web zu geistern?

Wohl nicht, denn Webseiten können agieren und reagieren. Sie können Gefühle auslösen und sie können sogar welche spüren! Zum Beispiel Unsicherheit. Wenn ein Besucher länger zwischen wenigen Seiten hin und her klickt, dann scheint er etwas zu suchen aber nicht zu finden. Pendelt er zwischen verschiedenen Produktseiten, sucht er höchstwahrscheinlich Argumente für oder gegen eine Kaufentscheidung. Klickt er vergleichsweise häufig auf Ihre Impressums-, Kontakt- und/oder “Über mich/uns”-Seiten, dann sucht er Vertrauen!

Das sich ein solcher Pendel-Klicker hin und wieder auf ihre Webseite verirrt, ist ganz normal und noch kein Grund sich Sorgen zu machen. Es gibt eben Menschen, die sich nur schwer entscheiden können oder lange brauchen, um Vertrauen zu fassen. Ein Problem wird es erst dann, wenn eine größere Anzahl von Besuchern ein solches Verhalten zeigen. Dann liegt das nämlich nicht mehr am einzelnen Besucher als menschlichem Wesen, sondern an ihrer Webseite! An Ihnen!

Eine ganz klare Botschaft ist es zum Beispiel, wenn Besucher Ihrer Seite sofort wieder den Rücken kehren. Die Flucht ergreifen. Hier haben Sie noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Sie sehen, auch Webseitendaten verraten einem genauen Beobachter einiges über die Gefühle eines oder auch vieler Besucher. Webseiten können fühlen! Wenn wir unsere Webseite jetzt noch dazu bringen, auf diese Signale zu reagieren, dann fängt unsere Seite tatsächlich an lebendig zu werden. Aber wir müssen ja nicht erst warten, bis jemand verunsichert, verärgert oder enttäuscht die Flucht ergreift. Besser ist es natürlich, wir lassen solche negativen Gefühle erst gar nicht aufkommen. Dann reicht es aber nicht mehr, wenn unsere Webseite nur reagiert. Dazu muss sie selbst sie selbst agieren, die Initiative ergreifen, die (Besucher-) Führung übernehmen.

Dazu müssen wir bei unserem Besuchern positive Emotionen wecken. Interesse, Vertrauen und auch Kaufentscheidungen sind, wie alle Entscheidungen zu 100 Prozent emotional (siehe auch “Neuromarketing-Workshop Teil 1: Wie man billige Produkte für teures Geld verkauft). Ohne ein gutes Gefühl läuft hier gar nichts. Nur, wie macht man das? Wie bringt man Besucher dazu, sich wohlzufühlen?

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[dt_sc_toggle title=“Teil 4: Gib mir Sicherheit – Das Balance-System“]

Websiten und Emotionen

In den letzten Teilen habe ich Ihnen viele praktische Beispiele zum Thema Neuromarketing im Internet gezeigt. Jetzt möchte ich den Neuromarketing-Workshop mit einem, auf den ersten Blick vielleicht sehr theoretischen Artikel fortsetzen aber Sie werden schnell merken, dass es auch diesmal eigentlich wieder um sehr praktische und lebendige Dinge geht, nämlich unsere Gefühle in Verbindung mit einer Webseite bzw. unserem Nutzerverhalten und darin eingeschlossen, dem Kauf im Internet.

Den letzten Teil habe ich mit der Erkenntnis abgeschlossen, dass es absolut wichtig ist, beim Besucher und potenziellen Kunden positive Gefühle zu wecken. In diesem vierten Teil wollen wir uns deshalb einmal eingehender mit dem Thema Webseiten und Emotionen beschäftigen.

Ich hatte ja schon erwähnt, dass viele Verhaltensforscher und Psychologen mittlerweile davon ausgehen dass zwischen 80 und 95 Prozent aller unserer Entscheidungen aus dem Unterbewussten getroffen werden, lange bevor wir denken, eine rationale Entscheidung zu treffen. Dieses so unglaublich wichtige Unterbewusstsein entscheidet aber nicht rational. Es ist für die von uns als logisch und durchdacht empfundenen Argumenten für oder gegen eine Entscheidung überhaupt nicht zugänglich. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Das Unterbewusstsein beeinflusst auch unsere Meinung darüber, was rational, vernünftig oder richtig ist. Erst kommt das unbewusste Gefühl, dann der klare Gedanke.

[dropcap background=“yes“ color=“#333333″]G[/dropcap]enau deshalb ist es aber auch so immens wichtig, sich mit den Gefühlen, denen der Besucher und Kunden und auch den eigenen, intensiver zu beschäftigen. Es zählt nicht in erster Linie, was der Besucher denkt, wenn er auf Ihre Webseite kommt, sondern was er fühlt. Und das nicht erst, wenn er sich die Webseite genauer angesehen hat: Der erste Eindruck, das erste unterbewusste Gefühl ist meist schon entscheidend. In den ersten Sekunden werden solch grundlegenden Emotionen wie “symphatisch”, “nett”, “hübsch”,” freundlich”, etc. getroffen. Diese Emotionen sind die Basis für Gefühle wie “sicher” oder “vertrauensvoll”. Sie können sich selbst ausmalen, was passiert, wenn der erste Eindruck lautet: “chaotisch”, “billig”, “grell”, “amateurhaft”, “marktschreierisch” oder auch nur “kompliziert” und “unaufgeräumt”.

Spätestens hier fängt der berühmte rote Faden an, der den Kunden im Idealfall bis zum Bestellbutton führt bzw. hier, in den ersten Sekunden auf einer Webseite, muss dieser rote Faden, der durch Marketinginstrumente wie Newsletter, AdWords, usw. geknüpft wurde möglichst nahtlos aufgenommen und fortgesetzt werden. Wenn Sie sich / Ihre Firma in einem Newsletter als nett, kompetent, zuverlässig, usw. beschreiben und der Interessent kommt dann auf eine völlig unstrukturierte Webseite wird der erste Eindruck eines Besuchers nicht sein: “Die Webseite ist zwar nicht so toll aber das wird schon” sondern “Oh, hier stimmen Anspruch und Wirklichkeit wohl eher nicht überein”.

Denken Sie daran: Es geht hier nur um die ersten ein, zwei Sekunden in denen der Besucher voller Erwartungen eine Webseite betritt. Wenn Sie Glück haben, arbeitet sich der eine oder andere Optimist tatsächlich die nächsten 15 Minuten lang bis auf Unterseite 17 durch, wo Sie ausführlich Ihre fachlichen und menschlichen Kompetenzen darstellen. Nur wie viele Besucher werden sich diese Mühe machen? Beobachten Sie sich einmal selbst genau, welche Emotionen ausgelöst werden, wenn Sie im Internet surfen. Immer haben Sie eine, manchmal vielleicht auch nur unbestimmte Erwartung, wenn Sie eine neue Webseite anklicken und immer wird als allererstes diese Erwartung mit der Realität verglichen. Sie fällen sofort ein erstes, rein emotionales Urteil:

  • Positive Überraschung – wenn Ihre Erwartungen übertroffen wurden,
  • Vertrauen – wenn ihre Erwartungen bestätigt wurden,
  • Enttäuschung – wenn Ihre Erwartungen nicht erfüllt wurden.

© S.John, Fotolia

Und mit diesen ersten Gefühlen bilden Sie sich ein erstes Urteil. Entweder Sie können auf den positiven Emotionen des neuen Besuchers aufbauen und sogleich versuchen, diese weiter zu stärken oder Sie müssen erst einmal das erste negative (Vor-) Urteil abbauen. Sie können also mit einem Vorsprung oder einem Ballast in das Unternehmen Kundenbindung starten.

Aber bevor wir zu weit ins Detail gehen, sollten wir uns vielleicht erst einmal mit den so wichtigen Gefühlen selbst beschäftigen. Keine Angst, wir starten jetzt keinen Grundkurs in Psychologie. Es gibt mittlerweile schon einige interessante Ansätze und Methoden die gezielt versuchen unser aller Gefühle in Zusammenhang mit dem Kaufen und Verkaufen systematisch zu analysieren.

Die Struktur der Gefühle

[dropcap background=“yes“ color=“#333333″]G[/dropcap]efühle haben nicht nur in der Liebe die Eigenschaft, ziemlich verwirrend und manchmal gar chaotisch zu sein. Hier braucht es unbedingt eine klare Struktur, irgendein System, um das Thema verständlich und konstruktiv anzugehen und so turbulent es manchmal auch anmutet, wenn mal wieder unsere Gefühle mit uns durchgehen, dahinter steckt tatsächlich ein System. Wir alle haben es in uns. Man kann sogar sagen: Wir sind es.

Das Balance-System

Stichwörter sind hier: Sicherheit, Ruhe, Gewohnheit, Stabilität, Harmonie, Gesundheit, Geborgenheit, Ausgeglichenheit, Schutz, Glaube, Gott, Familie, Bindungen, Konstanz, Tradition, Dauer, Freundschaft, Vertrauen, usw.

Sie merken gleich: Das Balance-System (bzw. die dazugehörigen Gefühle) ist die Basis auf der wir unser ganzes Leben aufbauen. Hier haben wir es mit fundamentalen Werten zu tun. Und deshalb ist es auch besonders verletzlich. Treten in diesem Bereich Störungen oder Unstimmigkeiten auf, werden wir in unserem inneren Kern verletzt, reagieren wir automatisch mit Gefühlen wie Unsicherheit, Angst, Stress oder gar Panik.

Letzteres sind Gefühle, die wir unseren Webseiten-Besuchern als potenziellen Kunden natürlich nicht vermitteln wollen. Wer in Panik reißaus nimmt, wird garantiert nichts kaufen. Gerade auch im Internet sind Gefühle wie Sicherheit und Vertrauen so ungeheuer wichtig und wir haben die besten Mittel diese Gefühle zu vermitteln gar nicht zur Hand. Persönlicher Kontakt mit dem Verkäufer oder auch der Ware ist nicht möglich. Der Kunde muss im Gegenteil meist selbst ein nicht zu unterschätzendes Risiko eingehen, wenn er eine Online-Bestellung aufgibt und vielleicht auch noch per Vorkasse zahlen oder seine Kreditkartendaten angeben soll.

Kleinere und mittlere Unternehmen können hier auch nicht mit einem Vertrauensvorschuss rechnen, wie die großen, bekannten Versandunternehmen wie Amazon oder Otto. Wer geht bei denen schon davon aus, vorsätzlich betrogen zu werden? Die Großen können Vertrauen eigentlich nur verspielen, wie man vor einigen Wochen bei der negativen Berichterstattung über die Arbeitsbedingungen bei Amazon gesehen hat.

Kleinere, unbekannte Onlinehändler dagegen müssen sich das Vertrauen der potenziellen Kundschaft erst mühsam erringen, haben allerdings auch einen, oft sogar entscheidenden Vorteil. Sie können eine persönliche Beziehung zu ihren Kunden aufbauen. Das kostet Zeit und Arbeit. Man muss sich selbst als Person und/oder seine Mitarbeiter dabei im Wortsinne einbringen, kann so aber auch von den oben genannten Gefühlen im Balance-System profitieren. Die anonyme Amazon-Shopsoftware wird nie zum Freundeskreis gehören, der nette Tierfutterhändler, der die tollen Videos von seinen eigenen Haustieren auf seiner Webseite hat, dagegen schon viel eher.

Gruppenzwang

Many the isolated portraits of peopleHier setzen übrigens auch viele Social-Media-Elemente an, denn die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder auch die bewusste oder unbewusste Abgrenzung von anderen Menschen oder Gruppen beruht auf dem Balance-System. Hier in dem speziellen Bereich der Bindungen von Menschen als sozialen Wesen untereinander. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe bot schon unseren Urahnen Schutz und Sicherheit. Die Familie, der Partner, die Kinder sind die kleine Kerngruppe aber auch Facebook-Gruppen, Volksgruppen und ganze Nationen funktionieren auf der selben Basis.

reiterfreundeKunden-Projekt Reiterfreunde

Übrigens sind auch Haustiere ein Teil der familiären Kerngruppe. Überlegen Sie nur, wie viel Zeit, Geld und Liebe die Deutschen auf ihre Haustiere verwenden. Das ist ein Riesenmarkt, der über die Gefühle Fürsorge, Zuneigung, Freundschaft und tatsächlich auch Liebe funktioniert. Und auch die Haustierfreunde bilden Gruppen. Eine große Gruppe als eben Haustierfreunde und viele kleine, je nach dem welches Haustier man bevorzugt.

Schaffen Sie es diese Gruppen-Bindungen anzusprechen, sich gar als Teil dieser Gruppen zu positionieren, zielen Sie genau auf das Balance-System der einzelnen Gruppenmitglieder. Ein gutes Beispiel ist der oben schon erwähnte Tierbedarfhändler. Indem er auf seiner Webseite und in den sozialen Medien Bilder und Videos von sich und seinen eigenen Haustieren postet, sendet er die klare Botschaft: Ich bin einer von Euch! Zu mir könnt Ihr Vertrauen haben!

Überlegen Sie doch einmal welchen Gruppen Ihre Zielgruppe (schon wieder eine Gruppe!) zugeordnet werden kann und auf welcher Basis hier die Bindungen funktionieren. So finden Sie meist ziemlich schnell den richtigen Ansatz, wie Sie das Balance-System Ihrer Kunden und so die damit verbundenen Werte und Gefühle treffsicher ansprechen.

Beachten Sie dabei aber: Nicht jede Gruppe hat so starke, freundschaftliche Bindungen untereinander wie die Hundefreunde (siehe Beispiel oben links, Reiterfreunde.de, eines unserer kürzlich realisierten Kunden-Projekte). Internet-Marketer zum Beispiel sind gleichzeitig auch immer Konkurrenten, weil sie die gleiche Zielgruppe ansprechen und der Markt nicht unendlich groß ist. Hier gibt es zwar auch genügend Gemeinsamkeiten wenn man möglicherweise Kooperationen eingeht aber es gibt immer auch ein großes Bedürfnis jedes einzelnen Marketers sich von der Konkurrenz abzusetzen und als individuelle, einzigartige Persönlickeit zu positionieren (sich zu branden). Beide Aspekte kann man mit seinem Marketing ansprechen: “Werden Sie Teil eines erfolgreichen Teams!” oder “Setzen Sie sich von der Masse ab!”.

Immer geht es hier natürlich auch um den individuellen Erfolg, aber das spielt schon in die beiden anderen Bereiche des Stimulanz- und des Dominanz-Systems. Wie oben schon erwähnt, kann man die drei Bereiche nicht komplett voneinander trennen. Viele Gefühle bewegen sich zwischen den verschiedenen Polen und sind nicht eindeutig einem einzigen Bereich zuzuordnen.

Die Gruppendynamik oder auch der Herdentrieb, wie ihn die Initiatoren der folgenden Studie nennen, lässt sich an einem ganz modernen Beispiel aufzeigen:

US-Amerikanische Forscher vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben nach dem Zufallssystem 100.000 Artikel auf einer Seite bewertet, welche Nachrichten aggregiert und diesen anhand der Nutzerbewertungen eine Punktzahl zugewiesen.

© jogyx – Fotolia.com

Dabei stellten sie fest, dass die erste Bewertung eines Artikel einen deutlichen Einfluss auf die weiteren hat. War die erste Bewertung positiv, erhielten die Artikel 25 Prozent mehr Punkte als solche ohne Bewertung. Die erste Bewertung hatte also für die folgenden eine Richtung vorgegeben, der die weiteren Bewerter mit einer signifikanten Häufigkeit folgten.

Interessant ist aber, dass dieses Phänomen nicht auftrat, wenn die erste Bewertung für einen Artikel negativ war. Dann neigten die weiteren Bewerter sogar dazu dieses negative Urteil in der Folge durch die eigenen Bewertungen zumindest auszugleichen. Die Forscher sehen den Grund darin, dass wir negativen Einflüssen kritischer gegenüber stehen und eher geneigt sind, positiven zuzustimmen. Wer mag schon die ewigen Nörgler? Harmonie dagegen ist eines der wichtigsten Gefühle im Balance-System!

[dropcap background=“yes“ color=“#333333″]H[/dropcap]aben Sie sich übrigens schon einmal gefragt, warum es bei Facebook zwar einen “Gefällt mir”-Button gibt, aber keinen “Gefällt mir nicht”-Button?

Auch Marken funktionieren nach dem Gruppenprinzip. Dort sind die Bindungen nur etwas lockerer und nicht so sichtbar wie bei zwei sich im Park treffenden Hundefreunden. Nur weil man die gleichen Klamotten an hat, fällt man sich nicht gleich in den Arm, aber man begegnet sich mit deutlich mehr Sympathie. Entscheidet man sich für eine bestimmte Marke, dann meist nicht wegen der Qualität, sondern vor allem wegen der Markenbotschaft, die man als Teil der Gruppe jetzt auch für sich selbst beansprucht. Wobei die Marken selbst einerseits auf Tradition aufbauen, aber auch Trends unterliegen. Ersteres ist eindeutig dem Balance-System zuzuordnen. Bei Letzterem greift hauptsächlich das Stimulanz-System ein.

Genau so kann man Geschenke und auch Spenden unter das Balance-System einordnen, denn auch Fürsorge für andere ist ein wichtiger Aspekt unseres Zusammenlebens. Diese Gunstbeweise stärken die Zusammengehörigkeit von Personen und Gruppen und damit nicht zuletzt die Sicherheit des Gebenden und des Nehmenden. Die Fürsorge ist ein ganz alter Teil unseres Gefühlswesens. Ohne die Fürsorge de Mutter für ihr Kind würde es keine höheren Tiere und damit auch Menschen geben. Brutpflege bei Vögeln oder das Füttern bei Säugetieren sind die Wurzeln aller Fürsorge, die wir Menschen heute auch auf andere Menschen, Gruppen, unsere Haustiere und manchmal auch unsere Autos ausdehnen.

Weitere Dinge aus dem Online-Business, die eng verbunden sind mit dem Balance-System sind zum Beispiel: Garantie, Service, Liefersicherheit, Umtauschrecht, Reklamationen, Qualität, Kundengeschenke, Privatsphäre, Datenschutz, usw. aber auch Umwelt- und Naturschutz, Kinder- bzw. Familienfreundlichkeit, sichere Produkte, Prüf- und Gütesiegel, etc.

Für die Gruppenbindung gibt es neben den schon erwähnten Facebook-Gruppen im Handel und Marketing auch noch ganz andere: Stammkunden, VIP-Mitglieder, Clubmitglieder und ganz weitläufig auch alle Nutznießer von limitierten Angeboten, Zugängen, etc.

Sie merken: Auch für das Internet-Marketing ist das Balance-System die Basis und Lebensgrundlage. Zumindest, wenn man auf einen dauerhaften Erfolg und zufriedene Kunden hinarbeitet. Alle aufgezählten Marketing-Elemente und noch viele weitere sprechen den Sicherheits – und Vertrauensaspekt in der Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer an. Diese gilt es immer wieder zu stärken, denn hier und nur hier wird die Basis für den Erfolg gelegt. Wer dem Verkäufer nicht traut, kauft nicht!

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[dt_sc_toggle title=“Teil 5: Er will doch nur spielen!“]

Event statt Advent

[dropcap background=“yes“ color=“#333333″]I[/dropcap]st es Ihnen auch schon aufgefallen? Alles muss heute irgendwie in eine Show verpackt werden. Vor allem während der Weihnachtszeit konnten wir es wieder beobachten. Vorbei mit der Beschaulichkeit. Aus Advent wird Event. Das alte, langweilige Einkaufen wurde längst von einer Inflation von Shopping-Events verdrängt. Sie können heutzutage fast gar nicht mehr in einen Laden gehen, ohne in eine Feier zu platzen. Irgendein halbwegs runder Firmengeburtstag, eine Produktpräsentation, oh Entschuldigung, natürlich ein Produktlaunch, findet sich noch immer und alle Filialen machen selbstverständlich mit. Zur Not macht man kurz pleite, um dann die Neueröffnung drei Tage später um so lauter zu feiern.

Mitternachtverkäufe machen jetzt nicht nur Apple und Computergame-Hersteller, sondern auch der Friseur nebenan. Irgendein Grund dick und fett “Sale” an die Schaufenster zu kleben findet sich zu jeder Tag- und Nachtzeit. Erinnern Sie sich noch an die gemütlichen Zeiten als es noch hieß Sommer- oder Winterschlussverkauf, diese tatsächlich im Sommer oder Winter stattfanden und sogar ein gesetzlich vorgeschriebenes Anfangs- und Enddatum hatten? Waren das noch Zeiten im letzten Jahrhundert, zu Großmutters Zeiten.

Aber auch abseits der penetranten, weil permanenten Shopping-Events geht es nicht ruhiger zu. Auch hier muss mittlerweile alles mit irgendeinem besonderen Lametta dekoriert sein. Essen geht man grundsätzlich in die nächstbeste Erlebnisgastronomie, auch weil sich die alte Kneipe um die Ecke seit einiger Zeit so nennt. Es wird keine einfache Urlaubsreise mehr gebucht, wenn nicht ein besonderes Erlebnis, ein einmaliger Genuss, ….

Kein Alltag ohne Erlebnis

[dropcap background=“yes“ color=“#333333″]U[/dropcap]nser kompletter Alltag wird mehr und mehr zu einem Erlebnis. Ohne Stimulation geht überhaupt nichts mehr. Wir stehen morgens mit der festen Gewissheit auf, schon beim Duschen das erste Erlebnis für die Sinne präsentiert zu bekommen, von unserem Duschbad. Mit dem Kaffee geht es weiter, entweder in vollmundigster Harmonie oder eben mit der Kraft der Hochlandbohne. Während unseres morgendlichen Frühstücksevents werden wir von Facebook schon wieder auf den laufenden Stand der Dinge gebracht. Was erleben unsere Freunde gerade so unglaublich cooles? Welche Einladung dürfen wir heute auf gar keinen Fall verpassen? In der Firma angekommen, hochmotiviert durch Duschcreme, Hochlandkaffee und unsere unglaublich coolen Freunde sind wir bestens präpariert uns gegen all die anderen natürlich ebenfalls bis in die Haarspitzen motivierten Büro-Konkurrenten gekonnt in Szene zu setzen, denn auch hier zählt schon längst nicht mehr die Qualität der Arbeit, die wir abliefern, sondern die Qualität der Show, die wir aufführen.

Was passiert hier eigentlich mit uns? Warum spielen wir dieses Spiel denn alle mit? Im Grunde wissen wir doch, dass das Meiste reines Marketing ist. Dass das Essen in der Erlebnisgastronomie auch nicht besser schmeckt als im Restaurant um die Ecke. Das der Bürokamerad selbst genervt ist vom ständigen Schaulaufen und man selbst das nächste Wochenende viel lieber auf dem Sofa im gemütlichen Fleece-Hausanzug als beim Event-Shoppen, dem In-Italiener und dem Blockbuster im Kino verbringen will. Was soll man dann aber die ganze Zeit auf Facebook posten oder am Montag den Kollegen erzählen. Nee, das geht mal gar nicht! Hier muss dringend etwas erlebt werden. Zum Glück gibt’ künstliche Erlebnisse ja heutzutage wie Sand am Meer.

Es sind tatsächlich der Spieltrieb und noch viel mehr das Stimulanz-System in unserem Gehirn, die uns immer wieder aufs neue dazu motivieren, den Spaß, das Erlebnis, das Abenteuer, das Neue und Einzigartige zu suchen. Wir können gar nicht anders.

Früher war alles genau so

[dropcap background=“yes“ color=“#333333″]F[/dropcap]rüher war das alles wirklich einmal sinnvoll. Auf der Suche nach neuen Nahrungsquellen war Neugierde verbunden mit einer gehörigen Portion Wagemut und dem damit einhergehenden Nervenkitzel, eindeutig von Vorteil. Die meisten Entdeckungen würde es ohne diese zutiefst menschlichen Eigenschaften gar nicht gegeben haben. Denken Sie nur an Kolumbus. Wer wagt sich schon wochenlang auf einen riesigen, völlig unbekannten Ozean ohne Neugier und Abenteuerlust. Auch Erfinder verdanken ihren Erfolg meist nicht nur dem Glück, sondern auch ihrem sogenannten Erfindergeist, also nichts anderem als Neugier, Ehrgeiz und auch Risikobereitschaft.

Aber warum haben diese Entdecker und Erfinder oft jahrelange Entbehrungen auf sich genommen? Kolumbus hatte ja noch Glück. Er hatte zwar nicht wie erhofft, China gefunden, dafür aber Amerika, auch wenn er zeitlebens nichts von seinem Irrtum ahnte. Aber die meisten Menschen, die erfinden, entdecken oder auch nur finanziellen Erfolg haben wollen, erreichen ihr Ziel dagegen nicht. Die Erfolgsschancen sind eben nicht besonders groß. Dessen sind sich die meisten, wenn sie loslegen, durchaus bewusst aber warum lassen sie sich dann auf solche manchmal lebensgefährlichen Erlebnisse ein? Genau wie Freeclimber, S-Bahn-Sprayer, Motorradrennfahrer und andere Risikofreunde?

Ja genau, wir alle erwarten als Gegenleistung eine Art Belohnung. Sei es das Adrenalin, dass durch den Körper schießt, wenn man mit dem Motorrad um die Kurve fliegt oder das Glücksgefühl, wenn man ein besonders schönes Schnäppchen beim Shopping-Event abgeräumt hat. Hier, genau an dieser Stelle setzen alle die oben schon erwähnten und noch viel mehr Marketing-Maschen an. Sie sollen uns stimulieren. Unser Stimulanz-System in Erregung versetzen. Und womit stimuliert bzw. motiviert man jemanden? Genau, mit einer ganz tollen Belohnung. Funktioniert beim Menschen genau so gut wie bei jedem Hund. Und das fiese ist, wir können uns nicht dagegen wehren, weil es seit Urzeiten in uns hineingebrannt ist. Unser Gehirn tatsächlich darauf programmiert ist.

Wir können gar nicht anders

[dropcap background=“yes“ color=“#333333″]I[/dropcap]n der Gehirnforschung wird dieses positive Belohnungssystem als mesolimbisches System bezeichnet. Der Neurotransmitter Dopamin, auch als Glückshormon bekannt, spielt hier eine wichtige Rolle. Seine Ausschüttung wird erhöht durch zahlreiche Drogen wie Opioide, Alkohol oder Nikotin. Hier liegen unter anderem auch die Ursachen für die Spiel- oder Kaufsucht. Wir alle werden auf unserer Suche nach Abenteuern, Spannung und auch Schnäppchen von diesem Wirkstoff motiviert und angetrieben. Die allermeisten nur nicht in einer solch extremen Form wie sie sie bei einer Sucht besteht.

Dopamin allein reicht allerdings noch nicht aus, um auch das Lustgefühl zu aktivieren, auf dass wir ja hinarbeiten, wenn wir auf der Jagd nach unserer Belohnung sind. Vom vorderen Großhirn bis hin zum uralten Hypothalamus sind viele Gehirnbereiche daran beteiligt. Sie sind über das Belohnungssystem miteinander vernetzt und sorgen so dafür, dass sich die lustvolle Erwartung bei Erfolg in eine befriedigende Lust verwandelt.

Was früher, als es noch galt seine Kräfte und Ressourcen zu schonen und nur für sinnvolle, weil lohnende Jagdausflüge oder Wanderungen einzusetzen, einfach überlebenswichtig war, funktioniert auch in unserer modernen Überflussgesellschaft tadellos. Wir müssen zwar nicht mehr fürchten zu verhungern, wenn wir die Butter bei Aldi nicht für 5 Cent billiger erbeuten, aber der feindlichen Sippe aus dem Tal nebenan gönnen wir den Erfolg auch nicht, zumindest nicht allein. Wenn alle anderen, dann selbstverständlich auch wir, denn unser Gehirn dankt uns auch heute noch jeden Jagderfolg.

Jagderfolg im Internet-Marketing

[dropcap background=“yes“ color=“#333333″]U[/dropcap]nter Internet-Marketern sind Launches als digitale Shopping-Events nach wie vor beliebt und um den Jagdtrieb der potenziellen Kundschaft größtmöglich anzuheizen werden auch schon mal digitale Produkte künstlich limitiert. Nur zweihundert Stück von irgendeinem 0815-Ebook, das sich millionenfach kopieren ließe. Aber wo wäre da das besondere Erfolgserlebnis?

  • Nur einer von Millionen Käufern. Das ist einem echten Jäger heutzutage doch keinen einzigen Klick mehr wert.

  • Einer von zweihundert? Das reizt dann doch! Vor allem, wenn man nicht weiß, wie groß die Konkurrenz da draußen wirklich ist. Vielleicht ja riesig, wie der Marketer sagt.

Schon klassisch sind Rabattaktionen auch im Internet aber zunehmend gibt es auch die Möglichkeit, sich sein Produkt selbst zu designen, sei es das Frühstücksmüsli, den Biotee, das T-Shirt, das Cocktailkleid oder den neuen BMW. Auch hier spielt neben dem Spieltrieb die Lust auf Neues, Eigenes, Innovatives, ganz Besonderes eine große Rolle.

Wo wir gerade beim Spieltrieb sind. Ein besondere Form des Stimulanz-Systems ist unsere angeborene Lust zum Spielen. Womit wir als Kleinkinder angefangen haben, um zu lernen und die Welt zu entdecken, damit hören wir auch als Erwachsene nicht auf.

  • Von wem werden denn die meisten Computerspiele und Spiele-Apps gekauft? – Von Erwachsenen

  • Und wer spielt am fleißigsten Lotto? – ältere Menschen

Viele Leute mit Smartphone in der HandSelbst das neue Handy löst, hat man es dass erste Mal in der Hand, sofort den Spieltrieb aus. Man muss sich fast zwangsläufig durch alle die vielen Funktionen klicken und freut sich wie ein kleines Kind, wenn man etwas Neues entdeckt hat. Wahrscheinlich wird viel von dem nur reinprogrammiert, damit wir was zun spielen haben, denn genutzt werden die meisten Anwendungen von den meisten dann doch nie.

Stichwörter zum Stimulanzsystem: Erlebnis, Event, Abenteuer, Einzigartigkeit, Innovation, Neugier, Trend, Schnäppchen, Rabatt, Auktion, Spielen, Gewinnen, Lust, Freude, Belohnung, usw.

[dropcap background=“yes“ color=“#333333″]M[/dropcap]it ihrem Marketing können Sie gezielt diese Reize ansprechen. Geben Sie dem Jäger seine Belohnung. Limitieren Sie Angebote. Machen Sie dem potenziellen Käufer Lust auf das Ihr neues Produkt. Machen Sie das Online-Shopping zu einem (Erfolgs-) Erlebnis. Aktivieren Sie den Spieltrieb Ihrer Kunden, indem Sie zum Beispiel die technischen Details eines Produktes hervorheben oder die vielen, Spaß versprechenden Knöpfe beim neuen entsprechend ins Bild setzen. Lassen Sie Ihre Newsletter-Abonnenten auch einfach einmal etwas gewinnen.

Wenn es Ihnen gelingt das Stimulanz- bzw. Belohnungssystem im Kopf des Kunden in Schwingung zu versetzen, den Dopaminausstoß darin anzukurbeln, dann haben Sie ihn so gut wie am Haken. Jetzt müssen Sie ihn nur schnellstmöglich in den “Warenkorb”-Käscher bekommen und dürfen ihn nicht wieder abreißen lassen, indem Sie ihm künstliche Barrieren in den Weg legen. Das können unauffindbare Bestell-Buttons sein oder vielleicht auch nur eine zu kleine Schrift auf dem Bestellformular.

Und so schön das Kundenangeln auch über das Stimulanz-System funktionieren mag. Vergessen Sie darüber nicht, dass gleichzeitig auch das Balance-System im Kopf des Kunden aktiv ist. Stichwort hier: Vertrauen ! Haperts daran, wird der Kunde den Köder nicht schlucken oder ihn auf dem Weg zur Kasse schnell wieder ausspucken und der ganze Aufwand war umsonst.

Im nächsten Teil geht es um das Dominanz-System und wir schauen uns Beispiele aus der Praxis näher an.
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[dt_sc_toggle title=“Teil 6: Jeder will gewinnen – Das Dominanzsystem“]

Im Großen wie im Kleinen

Das Dominanzsystem ist, neben dem Balance- und dem Stimulanzsystem, das Dritte im Bunde. Es ist unsere eigentliche Antriebskraft, im Guten wie im Bösen. Wie der Name schon ausdrückt, geht es hier um Wettbewerb, Konkurrenz aber auch Kontrolle und vor allem Gewinnen und als Folge dessen letztendlich Dominanz. Neid, Missgunst, Unruhe, Wut und auch Minderwertigkeitskomplexe gehören ebenso dazu wie Erfolg, Stolz, Überlegenheit und letztendlich Macht.

Viele dieser Begriffe sind in unserer modernen Welt negativ besetzt. Zu Recht, denn Ausbeutung, Gewalt und Krieg entstehen aus diesem System heraus. Aber auch Fortschritt, Entwicklung, Entdeckungen, technische, künstlerische und sportliche Höchstleistungen würden ohne das Dominanzsystem schlicht nicht stattfinden. Es ist tatsächlich immer eine Gratwanderung. Der an sich ja eindeutig positive Wunsch nach sportlichem Erfolg kann einen ehrgeizigen Sportler zum Doping, also Betrug verführen wobei mancher auch wissentlich die Verletzung des eigenen Körpers bis hin zum möglichen Tod in Kauf nimmt. In der Wirtschaft und vor allem auch in der Politik sind die Folgen noch ungleich schwerwiegender (und tödlicher).

Selbstverständlich wirkt das Dominanzsystemauch im Onlinehandel und im Internet-Marketing. Zwar wird hier nicht mit tödlichen Waffen, oft aber auch mit harten Bandagen um jeden Kunden und manchmal auch gegen den Konkurrenten gekämpft. Die großen Player wie Amazon, Google und Apple machen es vor. Die kämpfen mit aggressiver Preispolitik, millionenschweren Werbekampagnen und ganzen Anwaltsarmeen nicht nur gegen den stationären Handel und die vielen kleinen Onlinehändler, sondern mit Vorliebe und äußerst medienwirksam gerne auch gegeneinander. Der Lizenzstreit zwischen Apple und Samsung ist da nur ein Beispiel. Amazon musste gerade per Gerichtsbeschluss dazu verdonnert werden, es zu unterlassen, anderen Händlern seine Preise aufzuzwingen. Markenhersteller kämpfen verbissen dagegen, dass ihre Produkte von kleinen Verkäufern bei Ebay angeboten werden und Microsoft und Google mussten in der Vergangenheit bereits hunderte Millionen an Strafe an die EU zahlen, weil sie sich mit Hilfe ihrer Marktdominanz unerlaubte Wettbewerbsvorteile verschaffen wollten.

Der Konkurrenzkampf macht aber nicht bei den großen Marktführern halt. Auch so mancher kleine Händler versucht die unliebsame, weil oft erfolgreichere Konkurrenz, mit nicht immer legalen Mitteln zu schaden. Der Klau von Texten und Inhalten ist hier noch die zwar ärgerliche aber harmlosere Variante gegenüber Cyberangriffen, auf denen mal eben die Webseite des Konkurrenten lahmgelegt wird.

Doch selbst der gemeine Kunde kann ganz schön böse werden. Wütende E-Mails mit Beschimpfungen weit unter der Gürtellinie kennt wohl jeder Onlinehändler aus eigenem Erleben. Völlig aus der Luft gegriffene negative Bewertungen und Verrisse in sozialen Medien gehören mittlerweile fast zum Alltag erfolgreicher Internet-Unternehmer. Auch hier ist das Dominanzsystem die treibende Kraft. Allerdings in seiner schlechten Art. Neid, Missgunst und oft auch nur persönliche Frustration und Minderwertigkeitskomplexe, ohne Zusammenhang zum Produkt oder Händler, sind in den allermeisten Fällen die Auslöser der Wut, der arme Verkäufer ist nur der Blitzableiter.

Man ist als Onlinehändler solchen Wutausbrüchen oft zwar ziemlich hilflos ausgesetzt. Reaktionen auf diese, egal welcher Art, bringen die Wütenden meist nur noch mehr in Rage. Mit gesundem Menschenverstand kommt man überhaupt nicht weiter. Dazu handelt es sich um zu starke Emotionen. Das heißt aber nicht, dass man als Onlinehändler das Dominanzsystem als etwas völlig unberechenbares und unkontrollierbares Monster abtun muss. Im Gegenteil, gerade weil das Dominanzsystem in der Lage ist, solch große Emotionen hervorzurufen, kann es auch, richtig beeinflusst, große Wirkung im Sinne des Verkäufers bewirken.

Der Kunde will gewinnen,

also lassen Sie ihn gewinnen!

Lassen Sie ihn den Größten sein. Geben Sie ihm das gute Gefühl Erfolg zu haben, zu dominieren. Seine Wünsche durchgesetzt zu haben, mächtig zu sein, zumindest dieses eine Mal …

… nur mit dem Unterschied, dass Sie bestimmen, was der Erfolg ist. Wecken Sie in dem Kunden überhaupt erst die Wünsche, die er sich dann so großartig erfüllt. Geben Sie dem Kunden das Gefühl, alles dreht sich nur um ihn. Er habe alles unter Kontrolle. Übernehmen Sie die Kontrolle!

Dann beherzigen Sie eines der wesentlichen Erfolgskonzepte erfolgreichen Marketings. Sehen Sie sich die Werbung der großen Profis einmal genauer an. Fernsehwerbung ist hier eines der besten Beispiele. In den meisten Werbespots werden Sie keine konkrete Kaufaufforderung finden. Kein: “Kaufen Sie jetzt!” Meist werden dagegen das gute Gefühl nach dem Kauf, der Erfolg, der mit dem Kauf verbunden sein soll, die Dominanz (gegenüber dem Nachbarn), die Kontrolle (Macht) über das tolle Auto, der Stolz gegenüber der Familie dargestellt. Das sind alles eindeutige Trigger, die sich direkt an das Dominanzsystem richten.

Klassische Beispiele im Internet-Marketing sind die (zumeist unseriösen) Werbesprüche, die einem finanzielle Unabhängigkeit schon in wenigen Wochen suggerieren, große Gewinne, unglaubliche Erfolge aus dem Nichts. Hier kommt es gar nicht so sehr auf die konkreten Summen an. Ob es Hunderttausend in zwei Wochen oder die Million in einem Jahr sind, spielt keine Rolle. Wichtig ist die damit versprochene persönliche Freiheit. Weg von dem alten, einen erdrückenden, fremdbestimmten Job. Raus aus den erdrückenden Schulden und damit der Macht der Bankberater. Ab jetzt dominiere ich!

Es muss aber nicht immer die ganz große Nummer sein. Man kann das Dominanzsystem des Kunden auch mit weniger windigen Botschaften erreichen. Je begehrenswerter ein Produkt einem Käufer erscheint, desto höher ist am Ende der Stolz, die Genugtuung, wenn er es “erlegt” hat. Das kann durchaus ein Schnäppchen sein aber auch genauso gut ein besonders hochpreisiges Produkt. Ein Porsche wird nicht für viel Geld gekauft, weil das Auto einen solch hohen Materialwert hat, den hat es nämlich gar nicht. Es hat aber einen ungemein hohen emotionalen Wert, der sich jedoch nicht aus dem Balance- oder Stimulanzsystem, sondern ganz und gar aus dem Dominanzsystem herleitet. Niemand kauft einen Porsche, weil man darin besonders sicher unterwegs ist, sondern weil er die (finanzielle) Macht seines Besitzers demonstriert.

Genau so gut kann man ein E-Book oder Videokurs für 29 Euro oder eben, in der richtigen Verpackung, für 290 Euro verkaufen. Bei letzterem kommt es einzig und allein darauf an, dem Kunden klarzumachen, dass das exklusive, limitierte, von puren Profis mit absolutem Insiderwissen entwickelte,unglaublich erfolgreich machende Marketing-Strategie-Bundle auch für 290 Euro noch ein Megaschnäppchen ist. Der Inhalt kann bei beiden Produkten völlig identisch sein.

Wie kann man als Onlinehändler das Dominanzsystem seiner Kunden konkret ansprechen?

Stichworte sind hier: Statusprodukte (wenn ihr Produkt noch kein solches ist, dann machen Sie es dazu), elitäre Angebote (ausgewählter, streng begrenzter Kundenkreis, VIP-Clubs, Produkte für Wenige), Bestätigung der Kennerschaft (klassisch: Weine, aber auch Uhren, Autos, Mode oder besondere Dienstleistungen), Trends (solange sie noch nicht in der Masse angekommen sind), weitere Stichworte: Stärke, Schnelligkeit, Fitness, Leistung, Effizienz, individueller Vorteil, Vorsprung, Einzigartigkeit, Gewinnen, usw.)

Nur alle Teile zusammen ergeben ein Ganzes

Wenn Sie die Teile des Neuromarketing-Workshops aufmerksam gelesen haben, wird Ihnen bestimmt aufgefallen sein, dass diese verschiedenen Systeme manchmal in direktem Gegensatz zueinander zu stehen scheinen. Das alles in einer einzigen Person?

Genau, denn alle Bereiche zusammen, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung, machen aus einer beliebigen Person eine einzigartige Persönlichkeit. Je nachdem, wie stark die einzelnen Systeme ausgeprägt sind, ist ein Mensch eher extrovertiert oder introvertiert, eher mutig oder feige, eher optimistisch oder pessimistisch, eher spontan oder abwartend, eher Neuem gegenüber aufgeschlossen oder konservativ und traditionell, eher selbstbewusst oder schüchtern.

Sie merken, all diese Persönlichkeitsmerkmale spielen auch eine bedeutende Rolle im Kaufverhalten. Hier muss erfolgreiches Marketing ansetzen. Und man sieht gleichzeitig: Es ist unmöglich, mit seinem Marketing all diese unterschiedlichen Persönlichkeiten gleichzeitig zu erreichen. Was den einen zum Kauf motivieren könnte, schreckt manch anderen eher ab.

Auch ist eine gründliche, tiefergehende Analyse der wirklichen Beweggründe eines Menschen unabdingbar. Wenn man an das Klischee dieser stetig wachsenden Schar der Mitmenschen denkt, die völlig überdimensionierte Geländewagen durch eine randvoll zugeparkte Großstadt jonglieren, dann sortiert man diese auf den ersten Blick meist automatisch in die Dominanz- (suchende)-Schublade ein. Vielleicht, weil man sich von diesem Vehikeln selbst latent bedroht fühlt. Damit liegt man aber sehr wahrscheinlich leicht daneben, wie neueste Forschungen nahelegen. Wer einen SUV fährt, will demnach nicht in erster Linie seinen Nachbarn imponieren, sondern sucht in diesen Panzerfahrzeugen Schutz und Geborgenheit vor dieser modernen, unüberschaubaren, sich rasant verändernden und damit potenziell gefährlichen Welt. Diese Leute erreicht man also eher über das Balancesystem als über das Dominanzsystem. Will man ihnen etwas verkaufen bietet man Ihnen besser ein Mehr an Sicherheit als ein Mehr an Kampf, Risiko und Abenteuer, vor dem sie sich ja gerade fürchten. Wer hätte das gedacht …

Man kann es sich aber auch nicht so einfach machen und sagen: Ich richte jetzt mein Marketing mal eben auf das Balance- oder Dominanzsystem aus, denn immer greifen die verschiedenen Systeme ineinander und beeinflussen sich gegenseitig. Das Stimulanz- und das Dominanzsystem zum Beispiel sind oft nicht eindeutig voneinander zu trennen.

Die meisten werden sagen sie spielen weil sie Spaß haben wollen aber gewinnen wollen sie am Ende doch! Das aber auch nur, wenn das Risiko nicht zu groß ist.

Das Balancesystem ist die Basis unserer Persönlichkeit. Es ist deshalb nicht ratsam sich starr von den drei großen emotionalen Systemen leiten zu lassen. Dazu sind wir Menschen dann doch zu komplexe Persönlichkeiten. Bei jedem von uns wirken immer alle drei Systeme gleichzeitig, nur eben in unterschiedlich starker Ausprägung, was zu einer unglaublichen Vielfalt an Charakteren führt.

Es ist auch von Bedeutung, wann, zu welcher Tages- oder Lebenszeit man eine Persönlichkeit kontaktiert. In manchen Situationen ist ein Mensch eher auf Balance bedacht. In anderen Situationen sucht er unbedingt das Abenteuer. Steht einem abends der Sinn nach Party, will man sich am nächsten Morgen vielleicht tief in sein Bett vergraben. Kann man in der Jugend nicht genug Action bekommen, ist man im Alter froh, wenn man vom Ausflug zum Bäcker um die Ecke heil wieder in den eigenen vier Wänden angekommen ist. Wir dürfen nicht vergessen, wir reden beim Neuromarketing immer über Emotionen und Gefühle und wir wissen alle selbst, wie wir allein schon im Laufe eines Tages mal auf Erfolg und Abenteuer, mal auf Ruhe und Geborgenheit aus sind und wie gerne unsere Gefühle auch einmal komplett durcheinander geraten.

In den nächsten Teilen unseres Neuromarketing-Workshop werden wir uns damit beschäftigen, wie wir dieses grundlegende Wissen über die drei großen Emotionssysteme in die Praxis umsetzen. Dann geht es um ganz konkrete Maßnahmen und Aufgaben, die Sie selbst in Ihrem Unternehmen umsetzen können. Wir werden sehen, wie unterschiedlich Produkte emotional wirken und wie verschieden deshalb deren Käufer angesprochen werden müssen. Wir werden lernen unsere Zielgruppen emotional zu bewerten und daraus ein wirksames Neuromarketing abzuleiten. Und Sie werden erfahren, wie effektiv ein solches Gefühls-Marketing Ihren ganz persönlichen Erfolg maßgeblich steigern kann.
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