Abmahnunwesen – Endlich tut sich etwas in Berlin

Es ist fast zu schön um wahr zu sein: In Berlin tut sich etwas in Sachen Abmahnunwesen! Möglicherweise gibt es bald einige Gesetzesänderungen, die das schlimmste Treiben der Abmahn-Wegelagerer eindämmen oder zumindest für die Profiteure riskanter machen könnten. Der Konjunktiv ist hier allerdings noch angebracht, denn in “trockenen Tüchern” (soll heißen beschlossen) ist noch nichts.

Aber, nach all den Jahren in denen die Politik vor allem die kleinen Unternehmer einer immer weiter ausufernden Abmahnindustrie nahezu schutzlos ausgeliefert hat (und mit schwammigen oder gar teilweise weltfremden Gesetzen auch ihren Anteil an diesem Problem hatte), soll den Wild-West-Methoden, vor allem der Profi-Abmahner, jetzt ein Riegel vorgeschoben werden. Und es kommt noch besser: Die meisten angedachten Änderungen sind aus Internet-Unternehmersicht sogar sinnvoll!

Darum gehts: Das Bundesjustizministerium hat einen “Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs” veröffentlicht. Dieser enthält eine Reihe aufeinander abgestimmter Maßnahmen zur Verhinderung eines Missbrauchs des bewährten Abmahnrechts sowie zur Verbesserung der Transparenz bei urheberrechtlichen Abmahnungen”.

Den vollständigen Entwurf können Sie hier als PDF herunterladen: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_fairerWettbewerb.html;jsessionid=ED2354C5EEABDACFDB825116797301E1.1_cid297?nn=6712350

Hier einmal in Kurzform einige der für uns Internet-Unternehmer wichtigsten Vorschläge. (Etwas anderes sind die Inhalte dieses Entwurfs leider nocht nicht.)

Einführung einer Liste zur Abmahnung berechtigter Verbände

Mal eben einen “Verein” oder “Verband” gründen, ein paar Gleich(übel)gesinnte einsammeln und mit dem Versenden von Massenabmahnungen loslegen, dürfte in Zukunft so gut wie unmöglich werden. Es soll jetzt eine Liste zur Abmahnung berechtigter Wirtschaftsverbände beim Bundesamt für Justiz geführt werden, in der als Verband nur noch eingetragen werden kann, wer …

  • mindestens 50 Mitglieder hat, die auch wirklich Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art anbieten
  • mindestens ein Jahr im Vereinsregister eingetragen ist
  • eine seriöse Vereinstätigkeit an den Tag legt
  • und seinen Mitgliedern und/oder “Angestellten” keine Unsummen zu schanzt (also das “Beutegut” untereinander verteilt)

Abmahnberechtigt sollen nur noch echte Wettbewerber sein dürfen

Es soll nicht mehr reichen, dass ein Abmahner irgendwo einige unsinnige “Angebote” von Waren gleicher Art anbietet. In Zukunft muss der Abmahner nachweisen, dass er “in nicht unerheblichem Maße” ähnliche Waren oder Dienstleistungen anbietet. Zusammen mit den anderen Änderungen, die das Risiko für den Abmahner erhöhen, möglicherweise selbst die Kosten oder gar “Schadensersatz” für widerrechtliche Abmahnungen zahlen zu müssen, sollte dass geldgierige “Scheinkonkurrenten” davon abhalten können, tätig zu werden.

Abmahn-Missbrauch soll soll einen eigenen Paragraphen erhalten

Im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) soll Missbrauch neu geregelt werden. In Zukunft soll der Abmahner beweisen müssen, dass er nicht missbräuchlich handelt. Es muss also nicht mehr das Opfer beweisen, dass die Abmahnung rechtlich falsch ist, sondern der Abmahner, dass sie richtig und auch berechtigt ist.

Ein Missbrauch soll “von Amts wegen” von vornherein vermutet werden, wenn …

  • die Anzahl der Abmahnungen in keinem Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit des Abmahnenden steht,
  • der Gegenstands- bzw. Streitwert unangemessen hoch angesetzt ist
  • unangemessen hohe Vertragsstrafen gefordert werden
  • oder eine Unterlassungserklärung erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

Und diese Änderungen, wenn sie denn kommen, würden “ins Schwarze treffen”: Keine Unsummen mehr wegen fehlender Kommas, Verlinkungen, Zahlendreher, Abkürzungen, etc. –  hierzu sollen dann auch entsprechende Verstöße gegen die DSGVO zählen.

Und es kommt noch besser:

Die Abmahnkosten sollen gedeckelt werden

Abmahnkosten soll man nicht “in Rechnung stellen” können, wenn die Zuwiderhandlung die Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern nur unerheblich beeinträchtigt.

Vertragsstrafen sollen jetzt die wirtschaftlichen Gegebenheiten und Interessen des Abgemahnten berücksichtigen. Bei Bagatellfällen soll die Höchstsumme für Vertragsstrafen auf 1.000 Euro gedeckelt werden. Zugegeben, daß ist für viele Internet-Unternehmer immer noch eine große Summe aber kein Vergleich mehr mit den Zigtausenden, die bisher mal eben “geltend gemacht” werden.

Kontrolle der Abmahner

Und zu guter Letzt sollen jetzt auch die (in der erwähnten Liste) zur Abmahnung zugelassenen Verbände kontrolliert und zu regelmäßiger Berichterstattung verpflichtet werden. Fällt jemand dabei negativ auf, soll ihm die “Abmahnbefugnis” entzogen werden können.

Fazit:

Alles in allem ein unerwartet “kleinunternehmerfreundlicher” aber deshalb umso positiverer Entwurf. Aber es ist eben auch nur ein Entwurf und wir alle wissen, dass am Ende, wie noch immer, die Lobbyisten noch ein gewichtiges Wörtchen mitreden und aus einem noch so gut gemeinten Entwurf einen weiteren zahnlosen Gesetzestiger  machen können. Hoffen wir das Beste!

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