Ist Ihre Webseite schon multisensorisch?

Vielleicht fragen Sie sich spontan: Was soll das denn schon wieder sein? Irgendein neues Modewort? Ein neuer Marketing-Trend, mit dem alte Weisheiten neu verpackt werden?

Nein, nichts dergleichen: Das Wort multisensorisch ist zusammengesetzt aus den lateinischen Begriffen multus (viel) und sensus (Sinn) und bedeutet, mit vielen Sinnen (gleichzeitig) empfindlich zu sein. Es ist keine neue Marketingidee, sondern eine Eigenschaft der meisten Lebewesen, inklusive uns Menschen. 

Wir alle, auch Sie und ich, sind multisensorisch. Das aber macht es wiederum interessant für das Marketing, denn dessen Hauptaufgabe ist es ja, unsere Sinne anzuregen. Je mehr Sinne (gleichzeitig), desto besser.

Das Multisensorische Kaufhaus

Schon fast klassisch multisensorisch ist zum Beispiel ein Kaufhaus. Betritt man es durch die Parfüm-Abteilung, schlägt einem gleich eine Vielzahl an Düften entgegen. Unser Geruchssinn wird gereizt – und manchmal auch überreizt (Menschen können bis zu 10.000 Gerüche unterscheiden).

Als nächstes suchen wir Orientierung und nehmen mittels Sehsinn Farben, Formen und Strukturen wahr. Regale, Rolltreppen, Gänge, Schilder, Lichter, Menschen und Menschenschlangen an den Kassen.

Haben wir diese Gewirr halbwegs verarbeitet, meldet uns der Hörsinn meist seichte, entspannte Musik – manchmal auch billige Werbedurchsagen (und bei Ikea die abholbereiten Kiddies im Bällebad).

Wir gehen an jeder Menge Produkte und Angebote vorbei, die nur darauf warten mitgenommen zu werden. Das eine oder andere schauen wir uns näher an und unser Tastsinn kommt ins Spiel. Weich – hart, leicht -schwer, glatt – rauh, billig – teuer (verpackt)?

Gibt es in der Feinkostabteilung noch Gratis-Proben des teuren Edelschinken oder -weins, freut sich unser Geschmackssinn auf die günstige Gelegenheit.

Natürlich reagieren unsere Sinne nicht getrennt voneinander nacheinander. Sie sind alle zur gleichen Zeit aufnahmebereit. Während wir ein Produkt betasten, beschnuppern und beäugen wir es auch intensiv. Und wenn wir etwas Essbares probieren sehen, tasten, riechen, hören und schmecken wir es gleichzeitig. Mit allen Sinnen bilden wir uns ein Urteil auf der Skala von Schnäppchen bis Abzocke.

Das wissen die Marketingexperten der Ladenketten natürlich auch und versuchen mit allen Mitteln unsere sieben Sinne zu beleben, bestimmte Gefühle zu verstärken – und andere auszublenden. Zum Beispiel soll entspannte Musik im Zusammenspiel mit blauer Farbe besonders positive Kundenreaktionen hervorrufen, weil beide wenig Erregung hervorrufen – und sie diesen Effekt gegenseitig verstärken. “Langsame” blaue Farbe in Kombination mit schneller Musik dagegen hat keinen positiven Effekt. Und drei erregende Effekte gleichzeitig wie rote Farbe, laute Musik und grelles Licht begeistern die Menge nur auf einem Rockkonzert.

Die multisensorische Webseite

Im Gegensatz zu uns Internet-Unternehmern haben es Ladenmanager deutlich leichter: Sie können mit allen Sinnen spielen. Unsere Auswahl dagegen ist deutlich kleiner. Das ist ein Nachteil aber wenn wir es richtig anstellen, können auch wir unseren Kunden einiges bieten.

Webseiten sind ein wichtiger Teil der Marketing-Kette. Sie dienen als Landingpage für unsere Werbekampagnen, sollen Informationen liefern, Bedürfnisse wecken und/oder verstärken und Besucher zu bestimmten Handlungen (Klicken, Kaufen, Eintragen, Empfehlen, usw.) anregen und hinleiten. Webseiten sind unser Kaufhaus! Gute Webseiten müssen deshalb unbedingt unsere Sinne anregen. Aber wie?

Wir haben im Grunde nur den Sehsinn und den Hörsinn (unserer Webseitenbesucher) zur Verfügung. Riechen, schmecken und tasten funktioniert im Internet (noch) nicht so richtig.

Was er nicht kennt, das liest er nicht!

Ein Großteil des Inhalts von Webseiten sind Texte. Sie regen den Sehsinn an – aber in einer Form, die oft übersehen wird. Die Wörter und Sätze, die wir mit unseren Augen wahrnehmen, werden im Gehirn in Bilder umgewandelt. Wir Menschen denken nicht in Buchstaben und Silben – wir denken in Bildern! Wir lesen in Bildern!

Texte sind gut, wenn sie beim Lesen Bilder hervorrufen. Dabei gilt: Je einfacher und schneller, desto besser. Wenn ein Leser einen Text erst mühselig buchstabieren muss, damit er versteht, was gemeint ist, hat der Text es nicht geschafft, entsprechende Bilder hervorzurufen. Manche Texte schaffen dies überhaupt nicht – und werden schlicht und einfach nicht verstanden.

Ein gutes Beispiel hierfür sind juristische Schriften wie Gesetze oder Gerichtsurteile. Kaum einer von uns versteht auf Anhieb, was überhaupt gemeint ist. Für Anwälte und Richter dagegen ist das meiste sonnenklar. Sie sind geübt im Lesen solcher Grammatikmonster und – sie haben schon die passenden Bilder im Kopf! Dafür haben sie lange studiert.

Das bringt uns zu einem weiteren wichtigen Punkt: Wir können im Kopf des Lesers nur die Bilder erzeugen, die er schon kennt! Juristen pauken nächtelang für die verschiedenen Staatsexamen und machen dabei nichts anderes als sich die entsprechenden Bilder beizubringen. Wir aber dürfen von unseren Lesern nicht erwarten, dass sie erst ein Internet-Marketing-Studium inklusive Informatikkurs abschließen, bevor sie unsere Texte lesen (können). Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass die Leser schon wissen werden, was wir meinen. Wir müssen in den Bildern schreiben, die unsere Kunden zur Verfügung haben. Deshalb weg mit Fachchinesisch, Angli- und Denglizsmen! (Englischen Fachwörtern oder verenglischten deutschen Begriffen.)

Er fühlt, was er kennt!

Und diese (unsere) Bilder regen unsere Sinne an und erzeugen damit Emotionen. Schreibt ein Texter von einem Sonnenuntergang am Strand oder einer duftenden Rose, entsteht in unserem Kopf das Bild eines Sonnenuntergangs, welches wir im Fernsehen oder einer Zeitschrift gesehen haben –  und erzeugen ähnliche Emotionen, wie die, die wir “damals” empfunden haben.

Noch wirksamer sind solche Bilder natürlich, wenn der Leser den Sonnenuntergang mit all seinen Sinnen selbst erlebt hat. Er erinnert sich daran. So wird auch sein Hörsinn (Meeresrauschen), Tastsinn (weicher Strandsand) oder Riechsinn (salzige Meeresbrise) angeregt – obwohl wir diese Reize ja eigentlich über das Internet nicht erreichen können!

Es sind nicht die Bilder, die wir beim Schreiben des Textes im Kopf haben, die im Kopf des Lesers entstehen. Es sind seine eigenen. Sie hatten gerade garantiert einen anderen Sonnenuntergang im Kopf als ich. :-)

Mit den Bildern unserer Texte greifen wir auf Erfahrungen des jeweiligen Lesers zurück. Genau deshalb sind es immer wieder glühende Sonnenuntergänge, lachende Kinder, stille Seen oder andere “bekannte” Orte oder Situationen, die in der Werbung rauf- und runtergeleiert werden. Es sind die Bilder, wovon man mit größter Wahrscheinlichkeit ausgehen kann, dass die meisten von uns diese in positiver Erinnerung haben. Damit weckt man bei möglichst vielen Menschen eine Vielzahl an positiven Emotionen.

Er fühlt, was er gerne kennen würde!

Ähnliches können aber auch Bilder von Situationen hervorrufen, die die meisten Menschen noch nicht erlebt  – aber schon oft erträumt – haben! Klassisches Beispiel sind Lottogewinne oder schneller, einfacher Reichtum (hier gern genommen die herabregnenden Geldscheine).

Aber auch Freiheit & Abenteuer für Menschen, denen ihr Alltag zu sicher und langweilig vorkommt (gern genutzt bei Autowerbung) und Sicherheit & Geborgenheit für Menschen, denen ihr Leben zu unsicher und aufregend ist (oft bei Versicherungen oder Medizinprodukten), sind immer wiederkehrende Werbemotive.

Will man eine möglichst große Zielgruppe erreichen, ist es wichtig, möglichst allgemeine Bilder zu erzeugen. Hat man dagegen eine kleine aber spezielle Zielgruppe, kann (und sollte) man auch gezielt auf deren ganz konkrete positiven Erlebnisse (oder Erwartungen) zielen.

Wüsten, Augenblicke und “Beweisfotos”

Fehlende Bilder

Reine Textwüsten in Romanen sind stimulierend, weil der Leser so seine eigene Parallelwelt erschaffen kann. Das macht ja einen großen Teil des Reizes guter Romane aus. Das Geschehen des Romans wird in die eigene Bilderwelt übertragen. Nicht in die Realität aber in eine Welt, die der Leser sich (selbst) vorstellen kann.

Das merkt man deutlich, wenn man einen Film sieht, der nach einem Roman gedreht wurde, denn man bereits gelesen hat. In den allermeisten Fällen ist man enttäuscht, dass die “Wirklichkeit” des Films so gar nicht mit den eigenen Vorstellungen übereinstimmt. Und richtig langweilig wird es oft, wenn man ein Buch liest nachdem man den Film schon gesehen hat. Man hat immer die Bilder des Films vor sich und sucht nur noch nach den “bekannten Stellen”.

Genug Literaturtheorie – bei uns geht es um die Unternehmerpraxis. Aber vielleicht hat Ihnen das Romanbeispiel ein wenig anschaulicher gemacht, wie Texte und Bilder in uns wirken. Es geht immer um Erfahrungen und/oder Erwartungen, die wir aufgreifen und verstärken können (und müssen) um die Sinne anzuregen und so Emotionen zu wecken.

Zurück zu unserer Webseite: Reine Textwüsten auf Webseiten sind alles andere als stimulierend – da kann man noch so gute Bilder in die Texte schreiben. Kaum einer wird sie lesen, weil kaum einer sich die Mühe macht, etwas anzufangen, von dem er nicht weiß, was ihn erwartet – zumindest und vor allem nicht im Internet. Deshalb sind Überschriften, Untertitel und vor allem auch Bilder in einem Webtext enorm wichtig.

Bilder

Bilder haben den klaren Vorteil gegenüber Texten, dass der Betrachter sie – im Gegensatz zum Leser – nicht mehr erst erzeugen muss. Das macht es für ihn natürlich viel einfacher, zu erkennen, um was es geht. Und echte Bilder können natürlich die gleichen Emotionen erzeugen wie geschriebene Bilder. Allerdings wird hier – anders als bei Texten – die Phantasie des Betrachters ein wenig eingegrenzt, denn derjenige, der die Bilder aussucht, bestimmt nun einmal, wie sie aussehen. Hier spielt man deshalb weniger mit Erfahrungen als mit den Erwartungen des Betrachters.

Bilder auf Webseiten helfen dem Besucher, zu verstehen, um was es geht. Bilder im Umfeld von Texten, helfen dem Leser, zu verstehen, worum es im Text geht. Im Idealfall verstärken sie die Bilder im Kopf des Leser – oder sie helfen ihm, überhaupt ein Bild zu finden. Immer aber haben sie die Aufgabe, den “Blick” des Besuchers in die richtige Richtung  – die gewünschten Emotionen – zu lenken.

Besser noch als ein Bild sind selbstverständlich viele Bilder. Nur sollte man seine Webseite auch nicht mit Bilder überfrachten. Das löst beim Betrachter nur Verwirrung aus, sorgt für Unruhe und verwässert die eigentliche Botschaft. Wenn ein Mensch auf einen einredet, versteht man, was er will. Wenn zehn Menschen gleichzeitig auf einen einreden, versteht man nur Bahnhof!

Bei einem Foto weiß der Betrachter nie, wie es weitergeht: Schmeckt dem Koch die Suppe wirklich so gut, die er da auf dem Foto gerade im Begriff ist zu kosten? Seine Vorfreude scheint groß zu sein aber er könnte im nächsten Bild auch ein enttäuschtes Gesicht machen – man sieht es nur nicht. Und so ist der Beweis, dass dieses Süppchen tatsächlich so super ist, nicht geliefert. Mit diesem Bild wird zwar eine Erwartung geweckt – aber erst die Fortsetzung würde Klarheit schaffen.

Bewegende Bilder

Wenn man viele Bilder hat (oder erzeugen möchte) sollte man sie nie alle gleichzeitig auf den Besucher loslassen – weder im Text selbst noch drumherum. Besser ist es, sie in einer sinnvollen Reihenfolge vor dem Auge des Betrachters auftauchen zu lassen. Das wären dann Slightshows (aber wer will so lange warten) oder – Videos.

Videos sind nicht nur viele Bilder nacheinander. Sie sind bewegte Bilder. Man kann mit ihnen nicht nur einen einzigen Augenblick erzeugen, wie mit Fotos. Man erzeugt viele einzelne Augenblicke nacheinander, die sich zu einer Handlung fügen. Videos können Beweise liefern, den Zuschauer an die Hand nehmen – noch viel besser als Fotos – und in die gewünschte Richtung führen.

Bei einem reinen Text sind alle Bilder, die entstehen Phantasie. Mit einem Bild gibt man dem Betrachter einen Augenblick vor. Mit einem Video aber bestimmt man die komplette Handlung, die der Zuschauer “erleben” soll. So lassen sich die erzeugten Erwartungen ungemein steigern. Was ist schon der Geldregen auf einem Foto gegen einen Geldregen im Video?

Es wurde nachgewiesen, dass Menschen Handlungen, die in einem Video zu sehen waren, deutlich öfter “nachmachen”, als wenn sie in einem Text oder Bild dazu aufgefordert werden. Klickt die Person auf dem Video auf den “Kaufen”-Button, klickt auch der Zuschauer deutlich öfter auf den “Kaufen”-Button unter dem Video. Man kann den Zuschauer, indem man ihm die gewünschte Handlung “vorlebt”, viel besser überzeugen, das Richtige zu tun.

Videos haben noch einen weiteren immensen Vorteil: Sie sprechen (neben dem Sehsinn) gleichzeitig auch noch den Hörsinn an. Sprache ist ein mächtiges Marketing-Instrument. Wenn wir etwas (geschrieben) sehen, ist das eine Sache. Vielleicht sind wir gerade zu faul zum lesen, überlesen den Text nur flüchtig oder sind anderweitig abgelenkt. Aber wenn wir etwas hören, steigt unsere Aufmerksamkeit deutlich. Versuchen Sie einmal jemandem nicht zuzuhören!

Sprache funktioniert auch ähnlich wie Farbe: Sie kann weich, zart, ruhig oder auch grell, laut, aufputschend sein. Sie kann einlullen, fesseln, abschrecken – und auch überzeugen. Und das alles viel besser als es jedes geschriebene Wort kann.

Am wirksamsten ist die Überzeugungskraft von Sprache, wenn wir den Sprecher gleichzeitig auch sehen. Nur so können wir beurteilen, ob der Sprecher die Wahrheit sagt. Das erkennen wir an der Mimik und der Körpersprache. Stimmen gehörter Text, gesehene Bilder und gefühlte Ausstrahlung überein, ist die multisensorische Überzeugungskraft am größten.

Genau das Gleiche wie für Videos gilt auch für eine Webseite:

  • Stimmen Texte, Bilder und Videos einer Webseite multisensorisch überein,
  • übermitteln und verstärken sie die gleichen Effekte,
  • erzeugen und verstärken sie die gleichen Emotionen,
  • und erhöhen so deutlich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Besucher eine gewünschte Handlung ausführt.

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